Geärgert?

Die kleine Geschichte ereignete sich vor 25 Jahren, zu einer Zeit also, als Informationen noch auf grossen 5 1/4 Zoll Disketten gespeichert wurden. Und um so eine Diskette ging es damals. Darauf gespeichert war ein einfaches Programm zum Erfassen von Daten, das wir selbst programmiert hatten. Und eigentlich hätte alles sehr gut funktioniert. Trotzdem brachte der Kunde einige Tage später zurück. Und er war ziemlich verärgert. So verärgert, dass er die «Floppy Disk» mit einer verächtlichen Geste auf den Tisch schleuderte. Offenbar gefiel ihm das Programm nicht. Aber warum nicht?

Der Fehler lag bei uns. Wir hatten vergessen, dass kleine Fehler viel mehr ärgern als grosse. Bei dem Programm reagierte mindestens eine Funktionstaste nicht entsprechend den damals üblichen Konventionen. Und obwohl wir auf diese Abweichung hinwiesen, vertippte sich der Kunde immer wieder. Das war die Ursache für das Ärgernis und für die harsche Reaktion.

Kleine Fehler ärgern mehr als grosse. Das ist nicht nur in der Informatik so. In jedem Lebensbereich sind es genau diese kleinen Stösse und Stiche, die uns ärgern. Das Spektrum reicht dann von einer kaum wahrnehmbaren Unmutsäusserungen bis hin zum handfesten, zorngeschwellten Wutausbruch. Warum ist das so? Kleine Probleme und Enttäuschungen treffen uns viel direkter und unmittelbarer als grosse. Denn während wir diese nicht sofort in ihrer ganzen Tragweise zu erfassen vermögen, spüren wir jene sofort. So wie Nadelstiche auf der Haut. Oder wie Hindernisse, die sich unserem Wollen und Trachten so überraschend in den Weg stellen, dass wir uns an ihnen stossen…

In dieser kurzen Beobachtung ist auch der Schlüssel zu einer möglichen Lösung zu finden. Sie besteht darin, den kritischen Moment mit etwas Zeit auszufüllen. Das klingt abstrakt. Wir holen deshalb für die Erläuterung einen antiken Meister der Lebensführung zu Hilfe, den Stoiker Epiktet aus Hierapolis. Er rät folgendes (sinngemäss): «wann immer sich dir ein Problem in den Weg stellt, halte inne und frage: lasse Dich einen Moment betrachten, Problem. Von welcher Art bist Du? So wirst Du finden, dass vieles kleiner ist, als es scheint.»

Gewiss, das klingt einfach, ist es in der Praxis aber nicht. Es braucht Übung und die Kraft, sich von Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen. Auch Epiktet forderte seine Schüler stets dazu auf, an ihrer Übung in der Lebenskunst festzuhalten. Und er gab ihnen noch einen Rat. Stets nur das zu anzustreben, was in ihrer Macht steht. Dies ist ein guter Schutz vor Enttäuschungen. Und: «Verlange nicht, dass alles so kommt, wie Du es willst. Begnüge dich mit dem, was geschieht, und dein Leben wird glücklich sein.»

Oder – abgekürzt: etwas mehr Gelassenheit.

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