Mit der Lancierung eines eigenen «Social Network» machte Google vor einigen Wochen Furore. Das Interesse war enorm und innerhalb von wenigen Tage stieg die Anzahl der angemeldeten Benutzer auf 10 Millionen. Im Zuge der Euphorie fragten Experten beereits, ob damit das Ende von Facebook eingeläutet sei. In der Zwischenzeit ist es um Google+ wieder etwas ruhiger geworden, obwohl der Dienst weiterhin rasant wächst. Da Google+ im Fokus des medialen Interesses stand, geriet das Interesse an einem anderen neuen Dienst von Google etwas in den Hintergrund: «Google Music Beta» (im folgenden kurz Google Music genannt). Zurzeit steht dieser Service nur in den USA zur Verfügung, mit einem kleinen Trick lässt sich diese Einschränkung aber umgehen. Dazu später mehr. Google Music ist ein Cloud Service, wie er typischer nicht sein könnte: mit einer kleinen Anwendung, dem «Desktop Music Manager» werden die Ordner bestimmt, in denen die eigenen Musikdateien abgelegt sind. Den Rest erledigt die Software: der Desktop Manager kopiert die lokalen Dateien in die Cloud und sorgt dafür, dass neu hinzugekommene oder geänderte Dateien synchronisiert werden. Auf der Webseite von Google Music können die Musikstücke dann in Musikstile, Playlists und in sogenannten Instant Mixes organisiert und natürlich im Webbrowser abgespielt werden. Wer ein Android Handy besitzt kann Google Music mit Hilfe einer App direkt auf dem Handy nutzen. Das sind – in groben Strichen gezeichnet – die Funktionen von Google Music. Wie sieht es im Detail aus?
Wie bei Google+ oder früher bei Google Mail geht ohne Einladung gar nichts. Wer Google Music ausprobieren will, muss also zuerst jemanden finden, der ihm eine Einladung sendet. Empfänger der Einladung können sich bei Google Music anmelden und in einem ersten Schritt einige freie Musikstücke ihrem neuen Konto hinzufügen. Das geht wie gesagt nur in den USA. Wer Google Music ausserhalb Amerikas nutzen will, muss sich mit Hilfe eines webbasierten Proxies anmelden. Wer also eine Einladung erhalten hat, wählt am einfachsten eine Seite wie Hide My Ass (!) und trägt dort den Link mit der Einladung ein. Natürlich wird der Proxy nur zur Anmeldung benötigt. Sobald diese erfolgt ist, kann Google Music auch in Europa ohne Proxy aufgerufen werden.
Nach erfolgreicher Anmeldung besteht der zweite Schritt darin, den Music Manager zu installieren. Das kleine Programm steht für Windows, Mac und Linux zur Verfügung und kann über den Link «Add Music» heruntergeladen und installiert werden. Der Funktionsumfang ist schnell erläutert. Nach dem Start fragt das Tool nach dem Google Konto, mit dem man sich bei Google Music angemeldet hat. Anschliessend werden die Ordner bestimmt, in denen sich die eigenen MP3-Dateien befinden. Das ist alles! Der Google Music Manager wird bei jedem Systemstart automatisch aktiviert und sorgt dafür, dass die lokal gespeicherten Musikstücke mit der Cloud synchronisiert sind. Alle weiteren Aufgaben wie das Organisieren der Alben erfolgt von nun auf der Webseite von Google Music. Hier können einzelne Titel, Alben oder auch ganze Playlists angehört werden – direkt im Webbrowser und in guter Qualität! Wie bei jedem modernen Medienplayer gibt es einen Shuffle Modus und die Möglichkeit, Musikstücke zu bewerten.
Wichtig: Bevor Dateien mit Google Music verwendet werden, sollten die Beschreibungen der Dateien kontrolliert werden. Innerhalb jeder MP3 Datei können sogenannte Tags gespeichert werden, die Informationen über den Titel liefern: Komponist, Album, Interpret, etc. Mit einem Tag-Editor wie Easytag für Linux können diese Felder verändert werden. Dies ist wichtig, weil Google Music diese Informationen für die Einteilung in Alben, Musiktyp und Interpret auswertet. Ist nach dem Kopieren ein Album in zwei Hälften aufgeteilt, sollten die Felder «Album» und «Album Artist» kontrolliert werden.
Sind die ersten Alben auf Google Music verfügbar, kann mit dem Organisieren und Erstellen von Playlists begonnen werden. Auch hier macht es Google Music dem Anwender mit einem gut strukturierten und geradezu spartanischen Aufbau leicht: während im Navigationsbereich zwischen verschiedenen Ansichten (Album, Musikstil, Titel, Künstler) gewählt werden kann, erscheinen rechts daneben die entsprechenden Ergebnisse. Google Music fasst bei der Darstellung mehrere Alben optisch durch versetztes Übereinander legen (stapeln) zusammen. Besonders gut sieht dies natürlich dann aus, wenn zu jedem Album ein passendes Bild ausgewählt wird – sofern die nicht bereits automatisch geschah!
So einfach wie das Anordnen der Alben gestaltet sich auch das Erstellen und Verwalten von Playlists: Zuerst in der Navigation auf «Make a Playlist» klicken, dann bei allen zur Liste gehörenden Titeln oder Alben auf das kleine Dreieck klicken und «Add Song/Album to Playlist» wählen – fertig!
Was aber sind «Instant Mixes»? Sie haben eine ähnliche Aufgabe wie Playlists, nur dass hier Google Music eine Liste zusammenstellt, nicht der Anwender. Und das geht so: bei einem einzelnen Titel wird die Option «Make a Instant Mix» gewählt. Nun durchsucht Google Music die gesamte Musiksamlung des Anwenders nach max. 25 ähnlichen Titel und erstellt daraus eine Playlist. Wie genau ähnliche Titel ermittelt werden, verrät die Online Hilfe zurzeit leider noch nicht.
Das Abspielen der Musik funktioniert genau wie erwartet: sobald ein Titel doppelt angeklickt wird, erscheint am unteren Bildschirmrand eine Navigationsleiste mit Infos zur aktuellen Wiedergabe. Hier kann auch die Lautstärke reguliert, zum nächsten oder vorhergehenden Stück gesprungen oder mit Thumbs Up/Down bewertet werden. Google Music legt Wert auf eine schlichte (aber nicht triviale!) und intuitive Bedienung: man findet sich in Google Music schnell zurecht und die einzelnen Funktionen sind genau dort zu finden, wo man sie am ehesten erwartet. Dazu gibt es eine ausführliche Online Dokumentation.
Bein der Anzahl der Titel, die kostenlos hochgeladen werden, zeigt sich Google von der grosszügigen Seite. Pro Google Konto können bis zu 20.000 Titel in der Cloud verwaltet werden.
Wer Google Music auch auf dem Android Handy verwenden will, steht ausserhalb den USA wieder vor einem kleinen Problem: das App lässt sich nicht direkt via Google Music Website oder über den Market installieren. Jedenfalls zum Zeitpunkt der Niederschrift dieses Artikels nicht. Die passenden Suchbegriffe im XDA-Developer-Forum führen jedoch schnell zum Link, über den eine geleakte APK-Datei heruntergeladen werden kann. Ist das App installiert, kann nach dem Start und der Eingabe der Google Account Infos auf die Musiksammlug zugegriffen werden. Vorsichtige können in den Einstellungen festlegen, dass nur via Wireless gestreamt werden kann. Praktisch ist auch die Option «Offline bereitstellen». Hier werden alle Alben markiert, die man später offline hören möchte. Google Music lädt alle zugehörigen Titel herunter und speichert sie auf der SD Card des Smartphones. Die
Der Google Music Player übernimmt auch die Funktionen der integrierten Android Medienwiedergabe: er kann alle MP3 Dateien abspielen, die auf dem Smartphone gespeichert sind. Steht kein Internetzugang zur Verfügung, werden alle Titel, die in der Cloud gespeichert sind, abgedunkelt dargestellt – praktisch!
Welchen Eindruck hinterlässt Google Music in der aktuellen Beta-Version? Das System wirkt in grossen Teilen bereits jetzt erstaunlich ausgereift. Beim Test hat alles auf Anhieb funktioniert und es gab keine Fehler oder Unzulänglichkeiten, die den sehr guten Eindruck hätten sichtlich trüben können. Wichtig erwies sich beim Test wie schon erwähnt, dass die Tags geprüft werden, denn sonst gibt es in der Cloud ein Durcheinander! Und in einigen wenigen Fällen gelang es nicht, mehrere Titel zu einem Album zusammenzufügen, obwohl die Tags angepasst wurden. Klar unausgereift ist die Option «Shop this artist», die lediglich zu einer Suche im Internet führt. Google wird hier sicher noch nachbessern!