Lehrer, Sprachstilist, Rezensent, Soldat, Imker und Politiker. Eine von der Simon-Gfeller Stiftung organisierte Brieflesung förderte wenig Bekanntes und Überraschendes vom Emmentaler Dichter zutage.
Für die Simon-Gfeller Stiftung steht dieses Jahr ganz im Zeichen der Briefe des bekannten Schriftstellers. Eröffnet wurde eine zweiteilige Vortragsreihe im vergangenen Mai von Dr. Heinz Balmer, der in einem spannenden Referat einen Überblick über den umfangreichen Briefaustausch von Simon Gfeller bot. Am vergangenen Donnerstag lud die Stiftung erneut in das Krummholzbad in Heimisbach ein. Dr. Heinz Balmer hatte für diesen Abend eine Briefsammlung zusammengestellt und in acht Themenbereiche gegliedert. Für die Brieflesung konnte der pensionierte Schauspieler vom Stadttheater Bern, Hans-Joachim Frick gewonnen werden. Schon bei seiner Begrüssung wies Walter Herren auf den unbekannten Simon Gfeller hin. Einmal mehr verstand es der seit 1975 amtierende Stiftungspräsident, die zahlreich erschienenen Besucher auf die Lesung einzustimmen. Und tatsächlich: Schon im ersten Thema, «Der Lehrer» begegnete den Zuhörern ein unbekannter Simon Gfeller, der das Amt des Lehrers mehr als Berufung denn als Beruf sah.So beklagte er in einem Brief an den Kunstmaler Rudolf Münger die Methoden mancher Pädagogen gegenüber den Kindern: «Und nun fahren wir mit der Reuthacke wuchtig in dieses Gärtlein, wühlen, reuten aus, zerstossen achtlos winzige Samenkörner, Keime und feine Würzelchen, brechen Stämmchen, zerknicken Halme.»
Sprache lebt durch Kontraste
Zeit seines Lebens setzte sich Simon Gfeller mit der Unteremmentaler Mundart auseinander, die er kontinuierlich verfeinerte. Im Themenkreis «Die Sprache» verdeutlichte dies ein Brief, den er an den Solothurner Dichterfreund Josef Reinhart schrieb. Darin verglich Gfeller die Sprache mit der Malerei, die von Kontrasten lebt: derbes und kräftiges hat seinen Platz, denn «zartes und Inniges kommt daneben umso mächtiger zum Bewusstsein». Kontraste gab es viele in Gfellers Leben. Von der Schulstube aus führte ihn sein Weg oft zu den Bienenstöcken, denen er viel Aufmerksamkeit schenkte. Und wenn die Zeit kam, dann tauschte Gfeller das Lehr- mit dem Wehrgewand. Doch vor dem Einrücken plagten ihn Angstträume darüber, ob die Ausrüstung wohl komplett und ganz ist. Die Geschichte «Samuel Gnäppis Uniform» gibt ein beredtes Zeugnis darüber. Und wieder ist es Rudolf Münger, dem Simon Gfeller schreibt, wie er diese Ängste abbauen will: «… vergessen wird nichts, also keine Bange! Obs hilft? – Ich zweifle»
Lebhafte Vorträge und berührende Volkslieder
Eine Brieflesung kann unterhaltsam, ja sogar fesselnd sein. Dies bewiesen die beiden Akteure des Abends. Heinz Balmer zog die Hörer mit zahlreichen Erinnerungen und Anekdoten aus alter Zeit in seinen Bann. Und wenn Hans Joachim Frick die Lesebrille aufsetzte, war sein Vortrag so überzeugend, als ob Simon Gfeller selbst am Tisch sitzt und einen seiner vielen Briefe aufsetzt. Einfühlsam und bereichernd waren die Liedervorträge des Thuner Vokalquartetts, das dem Abend mit bekannten Volksliedern aus dem Liederbuch «Röseligarte» eine besondere Note verlieh.