Der Gottesdienst vom 22. Januar in Rüderswil stand ganz im Zeichen der Musik. Die zahlreichen Besucher bemerkten dies bereits beim Eingang der Kirche, wo sie Pfarrer Bernard Kaufmann nicht im Talar, sondern in einer traditionellen Sennentracht empfing. Bernard Kaufmann ist selbst Mitglied der Alphorngruppe Guldisberg, die an diesem Wintermorgen die Besucher mit Alphornklängen erfreute. Begleitet wurden die acht Alphornbläserinnen und Bläser aus dem Oberaargau von Barbara Friedli-Hofer auf der Orgel. Alphornklänge können uns tief in der Seele berühren, «si gö töif i üs ine.» So sagte es Bernard Kaufmann in seiner Predigt und die Besucher des Gottesdienstes konnten es an diesem Morgen selbst erleben: die Guldisberger Alphornbläser erfüllten die Kirche mit gefühlvoll und urchig-sennerisch vorgetragenen Alphornchorälen von Anton Wicky und Alphornweisen von Max Sommer. Berührend und inspirierend erklangen die Hirtenhörner zwischen der Predigt und den Gemeindeliedern. Zwei Melodien wurden von Barbara Friedli auf der Orgel begleitet. Die Organistin meisterte die für die Orgel nicht ganz einfache Tonart Fis mühelos und begleitete das Alphornspiel geschickt und einfühlsam.
Max Sommer und Bernard Kaufmann
Wenn er am Abend nach der Alphornprobe nach Hause komme, fühle er sich wohler und frischer, sagte Bernard Kaufmann in seiner Predigt. Musik hat einen günstigen Einfluss auf unser Gemüt, sie dringt durch Mauern bis in unseren Herzensgrund und schenkt uns Frieden und neue Kraft. Auch dem ersten jüdischen König Saul ging es so. Der zuvor erfolgsverwöhnte Monarch übernahm sich und wurde zuletzt krank. Erst durch die Harfenklänge des Hirtenjungen David wird dem Herrscher wieder leicht ums Herz und die bösen Geister verlassen ihn. Sicher können wir uns in Sauls Situation versetzen, wenn wir daran denken, wie Erfolgsdruck, Stress und Verpflichtungen auf uns lasten. Wie finden wir Erleichterung, wenn die Last schwer und schwerer wird? Bei Saul half alles gute Zureden nicht. Aber die Musik erreicht uns dort, wo noch etwas am Leben ist: bei den Gefühlen – selbst dann, wenn sie zugedeckt sind. Für Saul bewirkte die Musik eine Befreiung aus seiner Bedrückung.
Erich Röthlisberger aus Langenthal ist nicht nur Alphornbläser, auch das Spiel mit der Gitarre liegt ihm. In der Art eines echten Berner Troubadour sang er das bekannte Lied von Mani Matter, Warum syt dir so truurig?
Zum Abschied blies die Guldisberger Alphorngruppe die bekannte Melodie von Max Sommer «Uf der Höchalp» Max Sommer stellte seine Komposition selbst vor und erzählte spannend und humorvoll von der Höchalp oberhalb Ferrenberg, auf der er seine Jugendjahre verbracht hat. Da wurde mit alten Töpfen aus einer Kachelgrube gespielt, indem diese den Berg runter gerollt wurden. Es wurde gesungen, gelacht und getanzt. In den wunderschönen Klängen der Höchalp leben diese Erinnerungen an glückliche Jugendjahre weiter und werden von den Alphornbläsern von Alp zu Alp in die Zukunft getragen. Heute ist die Höchalp bewaldet; früher aber weideten dort Kühe und «Guschti», die noch Glocken um den Hals trugen. Deshalb verteilte Max Sommer vor dem Anstimmen kleine Glocken an die Kirchgänger. Diese ertönten beim Vortrag und verbreiteten eine heimelige, fröhliche Älplerstimmung in der Kirche.
Zum Ende des Gottesdienstes waren alle Besucher in der Pfrundscheune zu einem Apéro eingeladen. Bei einem feinen Stück Züpfe und einem Glas Weisswein oder Orangensaft klang die Feier aus. Und gewiss klangen die Weisen der Hirtenhörner in den Gemütern der Besucher nach, als diese sich auf den Heimweg machten. Die Guldisberger Alphornbläser haben das erreicht, wovon Bernard Kaufmann in seiner Predigt sprach: die Alphornweisen haben die Besucher berührt und inspiriert! Der Alphorngruppe sei auch an dieser Stelle für ihren eindrucksvollen und gelungenen Auftritt herzlich gedankt.
Vielen Dank Beni! Ich finde deinen Bericht ausgezeichnet und bin beeindruckt, was du alles noch behalten hast. Darf ich deinen Bericht an meine Alphorn-Kolleginnen und -Kollegen senden?
Liebe Grüsse
Bernard