Nun sind seit der Eröffnung des neuen Gotthelf-Zentrums schon zwei Monate vergangen. Erfreulicherweise fand dieses Ereignis grosse Beachtung in den Medien, sogar Zeitungen aus dem Ausland widmeten dem Zentrum im Pfarrhaus zu Lützelflüh einen Artikel. Gotthelf ist wieder ein Thema. Viele interessieren sich wieder für die Bücher des berühmten Volksdichters. Das Werk von Jeremias Gotthelf ist umfangreich: die Volksausgabe aus dem Rentsch Verlag (heute Orell Füssli) zählt 18 Bände, einige später erschienene Ergänzungsbände nicht mitgezählt.
Wer heute eine komplette Gotthelf-Ausgabe bestellen möchte, erlebt aber eine Enttäuschung: von der 18-bändigen Rentsch-Ausgabe sind nicht mehr alle Bücher erhältlich. Wer die Ausgabe komplett haben will, muss einen Abstecher in das Antiquariat machen. Dort sind immer wieder Teile dieser Ausgabe zu haben. Buchantiquariate sind wahre Fundgruben für vergriffene Bücher: was manchmal Jahrzehnte unbeachtet in einem Regal oder in einer Kiste (!) lagerte, landet zuletzt im Buchantiquariat. Neben der berüchtigten «Prachtsausgabe» sind hier immer wieder Teile oder Gesamtausgaben aus dem Francke- oder Rentsch-Verlag zu finden. Beliebt sind nach wie vor die von Emil Zbinden illustrierten Bände der Büchergilde Gutenberg.
Erfreulicherweise gibt es aber kleinere Ausgaben, die eine Auswahl der berühmtesten Geschichten enthalten. Der Verlag Tredition Classic bietet eine 15-bändige Ausgabe mit den berühmtesten Werken des Pfarrers aus Lützelflüh. Genug spannende Literatur für viele Abende also! Ebenfalls eine aussagekräftige Auswahl bietet der Reclam Verlag im Taschenbuchformat. Einen gelungenen «Einstieg» offeriert die vor kurzem erschienene zweibändige Ausgabe aus dem Weltbild Verlag: «Die schönsten Erzählungen». Enthalten sind in der farbig und schwarz-weiss illustrierten Ausgabe berühmte Erzählungen wie das «Erdbeer-Mareil», «Hans-Joggeli, der Erbvetter» oder «Michels Brautschau». Wer diese berührenden Geschichten gelesen hat, wird bald auch nach den grossen Erzählungen verlangen. Hier sei wieder auf den Tredition Verlag verwiesen.
Gotthelf ist wieder im Gespräch, das ist auch daran zu erkennen, dass es Neuerscheinungen gibt. Etwa die Zusammenstellung von Peter von Matt: «Wilde, wüste Geschichten». Wie der Titel es bereits verrät, enthält das Buch Geschichten, in denen es «strub» und grob, zuweilen sogar unheimlich zu und her geht. Nicht mehr ganz taufrisch ist das von Gerhard Schütz veröffentlichte Romanfragment aus dem Gotthelf-Jahr 1997: «Herr Esau oder Geld und Zeitgeist». Das ursprünglich zweibändige Werk aus dem Nachlass von Jeremias Gotthelf liegt hier in einer gekürzten, mit Lesehilfen versehenen Fassung vor.
Nabu und Let Me Print
Wer auf buch.ch oder bol.ch stöbert, wird bald auch Bücher von Jeremias Gotthelf finden, die von den Verlagen «Nabu» und «Let Me Print» verlegt werden. Hier handelt sich nicht um Neuauflagen der Werke Gothelfs. Vielmehr haben diese beiden Verlage alte, meist aus dem 19. Jahrhundert stammende Bücher gescannt und verkaufen davon Bücherdrucke. Bei Nabu wird darauf hingewiesen, dass einzelne Seiten Fehler und Flecken enthalten können oder aus anderen Gründen nur noch teilweise lesbar sind. Die Idee, alte, nicht mehr erhältliche Bücher wieder auf dem Büchermarkt zugänglich zu machen, ist umstritten. Wer Gotthelf-Werke aus diesen Verlagen bestellen will, sollte dies mit der nötigen Vorsicht tun.