Spass mit dem Webrahmen: Weben mit Rohleinen

Mann muss es einfach mögen: Es ist beige bis hellbraun, faserig, unregelmässig und es riecht gut. Ja, die Rede ist von Rohleinen. Inzwischen ist es das Garn, mit dem ich am liebsten arbeite. Ich erkläre hier kurz, weshalb.

In den Regalen der Wollhandlung geht es bunt zu und her, es gibt kaum einen Farbton, der nicht für Wollgarn oder Vlies angeboten wird, es gibt Märchenwolle und Garne in Aqua-, Erd- oder leuchtenden Pastellfarben. Nur in einem Regal entdeckte ich ein grobes, beigefarbenes Garn, eher etwas rauh und unregelmässig versponnen. Das also war das Leingarn! Mit etwas Geduld und Fantasie kann man damit wunderbar dekorative Gewebe erstellen. Sie wirken wegen der Naturfarbe heimelig und die Unregelmässigkeiten im Gewebe geben dem Stoff etwas urchiges und einzigartiges.Und natürlich lassen sich Sachen im Retro-Look erstellen, ein leinener Tischläufer auf einem Holztisch vermittelt eine Gefühl von Tradition und Urtümlichkeit.

Flachsgarben an der Brächete in Zäziwil

Apropos Tradition, die Herstellung des Leingarns aus der Flachspflanze ist mit vielen Bräuchen und alten Traditionen verbunden. Einer der Hauptarbeitsgänge war früher das Brechen der Flachsgarben auf dem Brechbock. Von diesem Arbeitsschritt leitet sich auch der Name der Brächete ab, des traditionellen Festes im Herbst. Ein lebhaftes Bild der Brächete hat Simon Gfeller in seinem Roman „Heimisbach gezeichnet“.

Was ist das Besondere beim Verweben von Rohleinen? Das Garn ist überhaupt nicht elastisch! Will man es also als Kettgarn verwenden, sollte der Gatterkamm beim Festbinden der Kette in die untere Raste gesetzt werden, sonst hängt die Kette durch! Und durch das Reiben der rauhen Fäden lösen sich Fasern ab, die dann unter dem Webrahmen oder auf dem Boden liegen… Alternativ kann für die Kette ein Baumwollgarn in einer passenden Farbe verwendet werden, Baumwollgarne sind elastisch und – wenn man das richtige wählt – mit einer glatten Oberfläche, was das Weben noch mehr erleichtert. Rauhes Garn bleibt gerne in den Rillen des Gatterkamms hängen, besonders bei hoher Dichte wie etwa 50/10 (50 Rillen pro 10 Zentimeter)!

Was lässt sich nun aber auf dem Webrahmen mit Rohleinen herstellen? Der berühmte Schal fällt weg, es würde nur unangenehm kratzen am Hals! Ich erstelle am liebsten Tischläufer, Tischsets oder kleine Dekoobjekte wie dieser Mini-Läufer, der mit „Brooks bouquets“ verziert ist. Er ist 60cm lang, 15cm breit und besteht aus 100% Rohleinen. Rohleinen kann auch sehr schön mit Farben kombiniert werden; das Gewebe oben besteht aus Rohleinen und farbigem Baumwollgarn. Der Fantasie sind jedenfalls keine Grenzen gesetzt.

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