Mit 40 Jahren habe ich begonnen, das Alphornspiel zu erlernen. Doch schon auf meinem früheren Lebensweg ist mir dieses Instrument immer wieder begegnet. Die Erinnerungen reichen sogar bis in die Kindheit zurück. Schon damals hat mich dieses fast vier Meter lange Holzhorn mit seinem «urchigen» Ton fasziniert. Aber das Alphornspiel erlernen, das war eine ganz andere Sache. Zuerst dachte ich nicht einmal daran, vielmehr lernte ich mit 14 Jahren die Klarinette zu spielen und trat sogar in einer Jugendmusik auf. Als ich mit 17 Jahren in das kath. Knabeninternat in St. Gingolph eintrat, legte ich die Klarnette weg. Dann kamen die Ausbildung und der Beruf. Musikinstrumente interessierten mich nicht mehr.
Das blieb so, bis ich eines Tages im Fernseher eine Alphorn-Dokumentation sah. Zu dieser Zeit war ich knapp dreissig Jahre alt. Ich sass also vor dem Bildschirm und sah diese Sendung, die auch den Bericht über einen Alphorn-Kurs enthielt. Einige der Teilnehmer wurden interviewt. Ich kann mich noch genau daran erinnern, was einer dieser Teilnehmer sagte: «Wir füllen unser Leben aus mit Geschäftigkeiten aller Art, dabei vergessen wir fast, auch etwas für unsere Seele zu tun.»
In den kommenden Jahren habe ich immer wieder über das Alphorn nachgedacht. Aber nie hat sich der Gedanke für einen Kurs oder für das Zulegen eines Alphorns verfestigt. Ea gab ja auch vieles, was dagegen sprach. Bin ich überhaupt der Typ für so ein Instrument? Und wenn ja, werde ich die Geduld haben, es zu erlernen? Wenn überhaupt! So gingen die Gedanken hin und her. Und offenbar hat es in der Folge eine Verinnerlichung gegeben. Denn ich habe vom Alphorn geträumt. Einmal träumte mir, ich besässe ein Alphorn und sei ein geborenesTalent! Schon nach kürzester Zeit beherschte ich das Spiel dieses langen Horns meisterlich! Als ich aufwachte, hatte ich das Gefühl, das wir immer haben, sobald wir aus einem schönen Traum aufwachen. Wir überschreiten die Schwelle von der Traumwelt in die Realität, würden dann lieber wieder zurückgehen, allein das Tor öffnet sich nicht mehr.
Mit 35 Jahren trat ich in einen Jodlerklub ein. Und das kam so: Schon seit ein paar Jahren spielte ich Theater, das macht wirklich Spass. Ich kann es Dir, lieber Leser, versichern! Und im Jahre 1999 war da diese Anfrage von der Theatergruppe des Jodlerklub Herzogenbuchsee. Ein Theatermann erkrankte und ich wurde – über ca. fünf Instanzen – angefragt, ob ich Lust hätte, einzuspringen. Sicher hatte ich Lust! So kam der Jodlerabend und unser Auftritt. Ich hatte damals noch keinen Kontakt zu den Jodlern. Aber die Lieder, die Atmosphäre und das fröhliche Wesen der Jodler gefielen mir. Kurz und gut, ich wurde Mitglied!
Von nun an hatte ich regelmässig Kontakt zum Alphorn und, was viel wichtiger ist, zu Alphornbläsern. Auch die Vorstellung, selber in das Hirtenhorn zu blasen, nahm mehr und mehr Gestalt an. Im Oktober war ich mit meiner Arbeit nicht sehr glücklich. Nein, schlimmer noch, ich war deprimiert. Mir gelang nichts und wenn etwas gelang, dann war es trotzdem falsch. Was kann da getan werden? Und dann erinnerte ich mich wieder an die Worte des Kursbesuchers: «Etwas für die Seele tun».
Wenige Wochen später hatt ich vom BKJV ein Leihhorn und begann, fleissig zu üben. Das hat sich bis heute nicht geändert.