Heute ist der 2. Februar und im Kalender ist zu sehen, dass dies ein besonderer Tag ist: Maria Lichtmess steht da nämlich! Lichtmess? Das ist die volkstümliche Bezeichnung für das katholische Fest „Darstellung des Herrn“, das an diesem Tag begangen wird. Der Name Lichtmess weist darauf hin, dass Jesus sich selbst Licht der Welt genannt hat. Vielerorts werden in den Kirchen, aber auch zuhause noch einmal Kerzen angezündet.
Der Tag hat aber noch etwas anderes Besonders: Wer an Lichtmess nach draussen geht, über Feld und dem Waldrand entlang, kann schon jetzt entdecken, wie alles in der Natur zu wachsen beginnt. An den jetzt noch kahlen Ästen der Bäume sind Knospen zu entdecken, zwischen dem dürrren Laub auf dem Waldboden sind erste Pflanzen zu beobachten, die dem Licht entgegen streben und das Schneeglöckchen bei der Hofstatt will sagen, dass der Frühling bald kommt.
Vieles geschieht im Verborgenen, nur wer genau hinschaut, kann die vielen kleinen Wunder an diesen Spätwintertagen beobachten. Die Geschäftigkeit des Tages ist wichtig, sie gibt dem Leben Struktur und Sinn, aber sie kann auch verhindern, dass die Augen Dinge sehen, die klein und unscheinbar, oft aber gerade deswegen einzigartig und schön sind. Jeremias Gotthelf, der Schweizer Volksdichter, muss Menschen gemocht haben, die sich diese Fähigkeit bewahren konnten. Denn er nannte sie Glückskinder.
Manchmal harzt es mit dem Aufstehen. Unter der Decke ist es schön warm, der Kopf liegt weich auf einem schönen Kissen und sobald die Augen sich schliessen, kommt der Schlaf noch einmal still und sanft herbei. Doch dann, wenn der Minutenzeiger der Uhr unerbittlich voran schreitet und das erste Tageslicht ins Zimmer dringt, wird es doch Zeit, aufzustehen. Einer meiner ersten Gedanken in so einem Moment gilt häufig …der Kaffeemaschine. Beim Einschalten beginnt sie freundlich zu blinken. Und das Geräusch beim Mahlen in den Kolben und anschliessendem Zufüllen mit Wasser ist wie eine freundliche Zusage: Der Tag hat begonnen, es wird ein guter Tag!
Zugegeben, ich bin ein Kaffeeliebhaber! Und der beste Schluck Kaffee ist der erste am Morgen, gleich nach dem Aufstehen. Vielleicht gerade deshalb, weil man ihn noch bewusst und in Ruhe geniessen kann.
Der erste Kaffee am Morgen hat für mich immer auch etwas Verheissungsvolles. Er steht am Beginn eines neuen Tages, gerade so, als wollte er ein Versprechen abgeben: Jeder neue Tag ist einzigartig und besonders. Wir wissen noch nicht, was er alles bereit hält. Vielleicht gibt es eine erfreuliche Überraschung, ein lange gehegter Wunsch geht in Erfüllung oder es geschieht irgendetwas anderes, was gut und schön ist!
KI-Textgeneratoren wie ChatGPT oder Bing Chat sind im Moment in aller Munde. Das muss nicht überraschen, die Textgeneratoren mit künstlicher Intelligenz versprechen viel und können einiges davon auch tatsächlich halten! Das Schreiben einer Geschäftsantwort anhand einiger Stichworte zum Beispiel. Oder das Dichten einer Lobeshymne auf Christoph Blocher. Oder das Verbessern eines verklausulierten und kaum lesbaren Textes aus einer Beamtenstube.
Birgt dies auch Gefahren? Aber sicher! Etwa dann, wenn man das Schreiben nur noch als Last sieht, von der man sich möglichst schnell und einfach entledigen will. Schreiben als notwendiges Übel, das von einem Roboter übernommen wird. Der macht den Job ja ganz gut, also warum nicht?
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, ich finde diese neuen Textgeneratoren grossartig. Sie können den Verfasser eines Textes in vierlei Weise unterstützen. Beim Formulieren von nicht ganz leicht verständlichen Zusammenhänge zum Beispiel. Oder beim Auffinden passender Begriffe. Aus der Stilkunde wissen wir ja, dass präzise und treffende Wörter den allgemeinen stets vorgezogen werden sollen! Ich sehe hier auch Parallelen zum Aufkommen der Taschenrechner in den 70er Jahren. Unsere Lehrer rieten uns damals, die Elektronenrechner zielgerichtet zu nutzen: Versucht, eine Rechenaufgabe zuerst im Kopf zu lösen; ihr könnt damit eure Fähigkeit zum Kopfrechnen verbessern. Im Alltag wird euch das immer wieder eine Hilfe sein! Dem Taschenrechner überlasst ihr das überprüfen, ob ein Ergebnis stimmt. Oder das Rechnen mit grossen Zahlen. Diese gute Lehrerregel funktioniert auch bei ChatGPT & Co.
Es gibt aber noch einen anderen Aspekt, der nicht vergessen werden darf. Nämlich dass Schreiben Kreativität ist. Ein Tagebuch führen, ein Gedicht schreiben, sich eine Kurzgeschichte ausdenken oder ein Theaterstück. Da wird schreiben zum kreativen Prozess. Ja mehr noch, es wird zum Abenteuer in einem sehr positiven Sinn. Denn wer eine Geschichte schreibt, lässt in seinem Kopf neue Welten entstehen. Welten, von denen er am Beginn meist selbst nicht weiss, wie sie enden. Zum Beginn führt der Verfassser den Stift. Schreitet die Erzähung dann fort, eröffnet die Phantasie neue Geschehnisse, Welten und Persönlichkeiten. Wir schreiben die Bilder nieder, die unsere Phantasie malt! Und nein, das müssen keine grossen Geschichten von Königen, Zauberern oder Bankdirektoren sein! Spannende Geschichten können überall und im ganz Unscheinbaren entstehen. Bei einem Gänseblümchen etwa, das sich entschliesst, in einer engen Spalte zwischen zwei Steinen zu wachsen.
Kurz: Erkunden Sie die Möglichkeiten der neuen Textgeneratoren, zumal diese schon in ein bis zwei Jahren so selbstverständlich sein werden wie eine simple Rechtschreibkorrektur in Microsoft Word. Aber: Gönnen Sie sich auch das selbstständige Schreiben, bei dem Sie von Ihrer eigenen Phantasie unterstützt werden, nicht von ChatGPT.
Wo sich der erscht Schnee uf d Matte het gleit, si die beide Lämmli luschtig u verspilt über d Weid tanzet. Schnee, das isch öppis ganz nöis gsy! Beide junge Schäfli si erscht es paar Wuche alt, beidi si sälber wiss wie früsche Schnee. U tatsächlich, wo die beide d Matte uf u ab gsprunge si, het me se mängisch im erschte Momänt gar nit chönne gseh. U me hätt chönne meine, si möchte dür d Luft wirble, grade so die wie fiine Schneeflöckli im Wind.
U denn isch es Aabe worde, d Sunne isch a ds Ändi cho vo ihrer töife Bahn am Winterhimmel, es isch chelter worde u d Dämmerig isch der Nacht vorus über ds Land zoge. O d Tier si itz ruhiger worde, d Oule hei scho e Platz gsuecht für d Nacht; im Stall, villicht aber o eifach am ene gschützte Ort im Wäldli. Dank ihrem dichte Wullechleid müesse die güetmüetige Tier o ir cheltischte Winternacht nid friere. O die beide Junge hei sich derzue gsellt u si itz bi der Mueter blibe, hei sich hie zwüsche de erwachsene Tier und em Ungerholz sicher u geborge gfüehlt.
Gly druf isch es mit der vorrückende Nacht ganz still worde, nüt isch meh z ghöre gsi, der Schnee het im Mondliecht glüchtet u am Himmel hei d Stärne glitzeret. U du han i mi gfragt: Isch es ächt i der heilige Nacht o grad eso gsi? Hei d Hirte uf em Fäld o beobachtet, wie d Nacht chunt? Sicher hei si grad so wie mir zum Stärnemeer a der Himmelsfeschti gluegt. I stelle mir immer wider vor, wie die heilige Nacht isch gsi. Sicher ganz still u fridlich. U voller Gheimnis. U denn hei d Hirte, die einte hei villicht scho gschlafe, e Ängel gseh im hälle Liecht! Heit e kei Angscht, het das Himmelswäse zu ihne gseit. Ganz ir Nechi bi Betlehem isch es Ching gebore worde, es wird die ganzi Wält rette, so wie Gott euch das versproche het!
Nüt auso vo irdischem Glanz u Richtum. Die heilige Nacht u d Geburt vo Jesus si immer bescheide, ja grad arm: Hirte, keni mächtige oder riiche Lüt! E Stall und e Chrüpfe, der eifachscht Ort zum uf d Wält cho. So wie die beide schneewisse Lämmli oder es Chalb! U doch. Das isch Weihnachte, der Momänt wo Gott aus Mönsch isch uf d Wält cho. Wiehnachte bedütet für mir immer o, dass Jesus im stille, eifache u bescheidene zu üs chunt. Mängisch isch Wiehnachte grad denn am schönschte, wenn mir ganz im Stille und Verborgene vom Stall i Gedanke chöi erläbe, was passiert isch: Vom Stall us, uf eme Hämpfeli Höi u Strou macht es Ching ds Tor vom Himmel für üs uf.
I wünsche Euch es frohs u gsägnets Wiehnachtsfescht. U i wünsche euch Zyt zum i Gedanke u im Härze immer wider z’erläbe, was i der heilige Nacht gscheh isch.
Im Emmental gibt es weniger Nebel als etwa im Mittelland. Das stimmt. Aber es gibt ihn eben doch! Im November, wenn die Sonne auch am Mittag tief am Himmel steht und der Winter sein Recht einfordert, dann zieht auch hier der Nebel durch die Täler, Gräben und Schächen. Oft ist es am frühen Morgen noch klar. Dann aber, mit dem ersten Licht des Tages, steigt der Nebel auf und streckt seine kühlen Arme in die Seitentäler zwischen Eggiwil, Trubschachen und Lützelflüh aus. Vom Grunde der Emme steigt er dann langsam auf, erreicht die Eggen und hüllt das ganze Tal in einen weissgrauen Schleier. Oft so stark, dass von Bäumen uns Häusern in unmittelbarer Nähe nur schemenhafte Umrisse zu erkennen sind.
Bitte begleite mich auf einer kurzen Wanderung über eine der vielen Anhöhen über dem Tal. Auch hier ist alles grau in grau und der Nebel scheint dichter zu werden. Die Strasse führt durch ein kurzes Stück Wald, dann erreichen wir wieder offenes Weidland, das zum Emmenknie führt. Es ist ganz still und auch Geräusche aus der Ferne sind nur gedämpft zu hören, die mit Wasser übersättigte Luft filtert nicht nur das Licht, das unsere Augen sehen sondern auch den Schall, den unsere Ohren vernehmen. Und dann, dann wird der Nebel noch stärker! Plötzlich ist es so, als ob sich alles um uns herum hinter einem weissen Gewand verbirgt. Nähe und Ferne vereinen sich auf geheimnisvolle Art; die Umrisse eines Baumes verschwinden, nur noch der Stamm ist zu sehen, die Äste sind gezeichnet wie feine blassgraue Striche auf weissem Papier. Es ist, als ob die Weite der Welt direkt vor unseren Augen beginnt.
Und nun, auf dem Weg in Richtung Tal bekommen wir den Eindruck, dass auch die Grenze zwischen Höhe und Tiefe im Schleier des winterlichen Nebels aufgehoben wird. Wo endet die Erde, wo beginnt der Himmel? Mancherorts ist dies jetzt kaum mehr zu erkennen. Das Firmament ist nahe zu uns herangekommen und umgibt uns. Und es ist, als ob wir jetzt in diesem besonderen Moment ein Stück Ewigkeit berühren können, wenn wir nur die Hand dazu ausstrecken. Was ist Ewigkeit und wo beginnt sie? Was ist ihr Geheimnis?
Geheimnisse gibt es – zum Glück – viele auf dieser Welt. Manche können wir vielleicht irgendwann enthüllen, andere wohl niemals. Und daran ist auch etwa gutes. Denn Geheimnisse laden uns ein, unserer Phantasie und Vorstellungskraft Platz zu geben. Geheimnisse sind der dunkle Himmel auf dem unsere Phantasie mit Sternenlicht ein Bild malen kann. Geheimnisse sind wie ein unendlicher Raum, in dem alle unsere Gedanken Platz finden, ganz egal, wie weit und tief sie sind!
Auf unserem Weg über die Egg sehen wir in der Ferne wieder die Lichter des Dorfes, die in der einsetzenden Dunkelheit blass durch den Nebel schimmern. Die Adventszeit hat begonnen, Menschen entzünden Lichter, die in der Dunkelheit der langen Winternächte aufleuchten. Es sind Lichter, die auf etwas grosses hinweisen wollen, das sich vor unseren Augen abspielt: dass der Schöpfer der Ewigkeit und aller Geheimnisse uns mit einer liebevollen Geste und einem freundlichen Gesicht seine Hand reicht.
Es ist ein idyllisches Bild: Fernab von menschlischer Betriebsamkeit grast eine Schafherde auf einer Alpweide; es ist still, nichts scheint die Ruhe an diesem schönen Ort zu stören. Die Schafe bilden eine grosse Gruppe, keines entfernt sich zu weit weg von der Herde, die Wollträger sind mit Grasen und Wiederkäufen beschäftigt. Doch plötzlich schrecken die Tiere auf, blicken unruhig zu einer nahe gelegenen Strasse und rennen dann alle zusammen fort, um sich an einem andere Ort auf der Weide wieder zu sammeln. Der Grund war ein Hund, der zusammen mit einer Wandergruppe an der Weide vorbeikam und die Schafe anbellte.
Wenn Tiere gejagt werden oder selbst jagen, kommt es zu Stress. Schliesslich geht es um nichts weniger als Sein oder Nichtsein! Ansonsten aber ist das Leben der Tiere weitgehend frei von Hatz und Unrast, sie leben im Rythmus der Natur, ihr Gang ist ruhig und harmonisch. Tiere kennen kein von Terminen bestimmtes Leben, sie leben den Augenblick, sie legen sich in die Sonne, dösen, stehen wieder auf, sammeln sich in der Dämmerung beim Schlafplatz und werden mit dem ersten Licht des Tages wieder aktiv. Sie leben im harmonischen Takt der Natur. Wie ganz anders ist das Bild, das wir in einer Stadt beobachten können, wo es nie genügend Zeit zu geben scheint! Es tut gut, den Tieren einen Moment zuzusehen; sie lehren uns einen anderen Blick auf die Zeit. Dies lässt sich beispielsweise auch bei einem Lama- oder Alpakaspaziergang beobachten: Während der Mensch in Gedanken schon am Ziel ist, lebt der Paarhufer in seiner eigenen Zeit, er hat es nicht eilig und wenn er am Strassenrand etwas Grünes entdeckt, das schmackhaft aussieht, dann nimmt er sich genügend Zeit für eine Fresspause.
Statt mit einer Game Console spiele ich viel lieber mit den Katzen. Sie können einem Spielzeug oder einem „Gudeli“ hinterherrennen, als ob es das wichtigste der Welt wäre! Sie leben ihre Jagdtrieb spielerisch aus, beobachten scharf und verfolgen ein rollendes Wollknäuel mit derselben Energie und Entschlossenheit, mit der sie auch Mäuse jagen! Warum finden wir das dann lustig? Ganz einfach: Tiere verstellen sich nicht, sie leben ihre Triebe, sie machen niemandem etwas vor. Tiere sind authentisch, aufrecht und ehrlich! Auf diesem Gebiet sind sie auch für uns Menschen unbestechliche Lehrmeister.
Es ist noch nicht solange her, da konnte ich beobachten, wie zwei Ziegen aus ihrem Gehege ausbüchsten. In Blickweite des Geheges gab es nämlich einen Garten, in dem Salate, Lauch, Rüebli und andere Delikatessen wuchsen. Die beiden Saanen Geissen bedienten sich sofort und als der Besitzer kam, liessen sich sich zwar vertreiben, aber nicht einfangen; sie sprangen einfach zum nächsten Garten… Mehrere besorgte Hobbygärtner liefen herbei und versuchten, die Tiere zu bändigen. Die wendigen Hornträger hatten daran offenbar ihren Spass, denn sie konnten die Fangbemühungen immer wieder vereiteln. Tiere haben haben eben andere Prioritäten als Menschen. Natürlich ist es für den Gärtner nicht schön, wenn der Salat gefressen ist! Aber von der Ziege kann eines gelernt werden: Wenn sich eine Gelegenheit bietet, dann warte nicht. Greif zu!
Noch im 19. Jahrhundert war die Meinung, dass Tiere keine Gefühle haben, weit verbreitet. Aber schon damals hätte jeder Hundehalter gerne bestätigt, dass dies nicht stimmen kann. Sie wissen, dass Hunde, wie auch andere Haustiere, die Gefühle und Emotionen anderer Lebenwesen spiegeln; sie zeigen Empathie, sind traurig, wenn wir es sind und freuen sich mit uns. Ausgeprägt zeigt sich dies auch bei Katzen, die die Gefühlslage eines vertrauten Menschen sofort erkennen und darauf reagieren. Im Buch „Meine Katze versteht mich“ schreibt Andrea Kurschus über die Spiegelneuronen; und darüber, wie sie Lebenwesen verbinden. Auch Beispiele gibt es zahlreiche: Etwa die Geschichte von Kater Leo, der sich rührend um ein junges, ausgesetztes Kätzchen kümmerte. Er sorgte für den jungen Kater „Streicher“, lernte ihn das Jagen und war immer bei ihm! Als Streicher auf eine tragische Weise ums Leben kam, suchte Leo ihn verzweifelt während vieler Wochen! Tier fühlen, empfinden, sie kennen Leid und Freud, das sollte im Umgang mit ihnen nie vergessen werden. Was wir von den Tieren hier lernen können: Gefühle verbergen kann manchmal hilfreich sein, oft schadet es aber!
Während ich im Home-Office arbeite, sitzt unser zehn Jahre alter Kater neben dem Arbeitstisch auf einem Teppich. Sitzen? Nein, meistens liegt er! Dann und wann legt er sich auf die andere Seite, erwacht, streckt sich und kontrolliert, ob sich etwas verändert hat. Dann legt er sich wieder wohlig hin und döst weiter.
Einmal, da wälzte er sich mehrmals hin und her und lag dann plötzlich neben seinem Teppich auf dem kalten und etwas weniger weichen Plattenboden. Natürlich bemerkte er dies rasch, blickte nach links und rechts um zu sehen, wo der Teppich ist – und dann zu mir! Gerade so, als ob er kontrollieren wollte, ob ich seinen kleinen Lapsus bemerkt habe. Katzen sind schliesslich stolze Tiere! Dann aber legte er sich bereits wieder hin, blickte eine Weile durch das Fenster und schlief wieder ein.
Unsere grauweisse Fellnase blieb also gelassen. Es ist allgemein schwierig, ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen. Wenn Ärger droht, zum Beispiel in Form eines bellenden Hundes, zieht Köbi sich zurück und wartet geduldig, bis sich die Situation geklärt hat. Streitereien geht er strikt aus dem Weg! Ebenso findet er Lärm und hastiges Bewegen uncool! Es mag etwas weit her geholt sein, aber manchmal erinnert mich das Verhalten der Katzen an eine wichtige Regel der alten griechischen Philosophen: Wahre das Gleichmass der Seele! Überschäumende Leidenschaften, Wut und Stress mochten die antiken Denker nicht. Die zufrieden dösende Katze auf dem Teppich kann an diese wichtige Lebensregel erinnern.
Da wir schon bei den griechischen Philosophen sind, lassen Sie uns eine zentrale Aussage von Epikur etwas genauer anschauen: «Die Stimme des Fleisches spricht: Nicht hungern, nicht dürsten, nicht frieren. Wem das zuteil wird und wer darauf hoffen kann, der könnte sogar mit Zeus an Glückseligkeit wetteifern.» Dieser Lehrsatz mag im ersten Moment etwas oberflächlich wirken. Dennoch lohnt es sich, darüber nachzudenken, Epikur fügt ja später noch an, dass wir auch frei von Angst sein müssen.
Sind Katzen Epikureer? Man könnte es meinen, wenn man ihren Tagesablauf genau beobachtet. Unser Kater ist in der warmen Sommerzeit meist draussen; am morgen dann klopft (!) er ans Fenster und begehrt seine Ration Futter. Darauf begibt er sich gemächlich zum Wasserbecken, das natürlich einige Meter vom Futternapf entfernt steht – Katzenfreunde wissen warum. Hinterher setzt er sich meist auf die Laube und beobachtet zum Zeitvertreib das Treiben der Spatzen im Baum vor dem Haus. Da er nicht gerne friert, bleibt er im Winter die meiste Zeit im Wohnzimmer. Immer aber wirkt er zufrieden, sobald seine Grundbedürfnisse befriedigt sind.
Moment, Epikur erwähnt noch etwas, das für ein glückliches Leben wichtig ist: Die Freundschaft! Aber auch an diesen Lehrsatz halten sich Katzen, auch wenn viele die kleinen Jäger für Einzelgänger halten. Katzen jagen alleine, aber sie sind – wie alle anderen Tiere auch – soziale Wesen. Wers nicht glaubt, beobachte mit der nötigen Geduld, was am Abend in einem Quartier passiert, in dem es viele Katzen hat: Sie treffen sich und sitzen – mit gebührendem Abstand – kreisförmig beieinander. Was das Ritual genau zu bedeuten hat, wissen wir nicht. Vielleicht gibt es den Tieren für eine kurze Zeit ein Gefühl der Gemeinschaft. Und dann, ganz plötzlich, löst die Runde sich wieder auf und jede Katze verschwindet irgendwo in der Dunkelheit der Nacht…
Haben Sie in Ihrer Kindheit oder Jugend auch ein Tagebuch geschenkt bekommen? Vielleicht sogar vom Götti oder von der Gotte? Ich jedenfalls erhielt eines von meinem Paten! Und ich kann mich noch gut daran erinnern, wie es aussah: Ein hübscher, bunter Einband, eine Lasche und sogar ein kleines Schloss, damit man das Tagebuch vor fremden Blicken schützen konnte! Es gibt diese schönen Tagebücher noch heute in der Papeterie. Aber eigentlich war mein Verhältnis zum Tagebuch damals eher etwas angespannt, zumal ich spielen im Freien viel anregender fand! Und wegen knapp ungenügender Schulnoten setzte es sogar eine Strafarbeit: Während den Ferien Tagebuch führen! Das war der leichtere Teil der Aufgabe. Der Schwierigere bestand darin, nach den Ferien am Esstisch aus dem Tagebuch vorzulesen. Auch dies habe ich irgendwie bewältigt.
In der Berufsschule hatte ich einen Lehrer, der uns immer wieder anregte, ein Tagebuch zu führen, und zwar so: «Jungs, ihr seid nicht wie Chüngeli, die gemütlich auf einer Wiese sitzen und die Zeit mit wiederkäuen verbringen. Mit dem Tagebuch könnt ihr Euch selbst Rechenschaft darüber geben, was ihr tut. So, und nun zu den Noten der letzten Prüfung…» Der gute Herr L. hatte recht!
Kommen wir noch einmal zurück zu den bunten Kinder- und Jugendtagebüchern. Leider bleiben viele von ihnen leer und das ist schade! Denn eine leere Seite bedeutet immer, dass eine Geschichte, ein Erlebnis oder ein Gedanke nicht aufgeschrieben worden sind. Etwas aufschreiben bedeutet, es noch einmal erleben, schöne Erlebnisse aufschreiben tut gut! Und die weniger schönen? Sie können mit der Reflexion im Tagebuch besser verarbeitet werden. Und dann – ganz wichtig – wird eine neue Seite aufgeschlagen. Ein nordamerikanischer Indianer gab den folgenden Rat: Denke am Ende eines Tages über alles nach, was du erlebt hast. Schliesse mit guten Gedanken die Augen und erwarte mit Dankbarkeit und Freude den nächsten Tag!
Ein Tagebuch führen bedeutet nicht, dass jeder Tag mit ein paar Zeilen erwähnt wird. Manche Menschen schreiben wochen- oder monatelang nichts in ihre Kladde. Doch dann gelangen sie auf ihrem Lebensweg an einen wichtige Wegmarke, vielleicht seit vielen Jahren erwartet, vielleicht völlig überraschend. Und dann füllen sich die Seiten im Tagebuch wieder! Ich finde es besonders schön, wenn ein Ferientagebuch geführt wird. Jahre später kann dann das Erlebte zusammen mit den Photos noch einmal vergegenwärtigt werden.
Hier noch ein paar Tipps: Es müssen keine aufwendig verarbeiteten und gebundenen Bücher sein, schlichte linierte Notizhefte sind in der Handhabung viel einfacher. Am besten liegen sie jederzeit griffbereit auf dem Arbeitstisch und laden dazu ein, auch heute ein paar Zeilen zu schreiben. Es muss auch kein teurer Federhalter her, Kugelschreiber oder Bleistift genügen! Ein Tagebuch ist etwas lebendiges, es können auch Papierstücke eingeklebt werden, die es wert sind, aufbewahrt zu werden. Eine Visitenkarte zum Beispiel, oder ein ganz prosaischer Bierdeckel, auf den jemand etwas wichtiges notiert hat…
Die vergangenen Tage hat es immer wieder geregnet, ab und zu auch geschneit. Und die dunklen Wolken wurden von einem kalten Wind begleitet, der die Menschen von der Strasse weg in die Häuser trieb. Doch heute wurden wir begrüsst von einem freundlichen Morgen, auf wem Weg zur Arbeit war der Himmel klar und im Osten konnte ich einen Sonnenaufgang beobachten. Das Sonnenlicht erhellte die ersten Stunden des Tages mit einem warmen, milden Licht. Am Arbeitsort angelangt, gönnte ich mir einen Augenblick und freute mich am schönen Wetter. In so einem Moment sind die kalten und nassen Tage vergessen, fast so als ob es sie nie gegeben hätte.
Der Morgen und auch der Tag hatten etwas besonderes! Denn es war schön, sich in dieser kalten Luft die wärmende Sonne ins Gesicht scheinen zu lassen. Aber ist nicht jeder Tag etwas besonders? Ein Tag ist mehr als die Summe aller Termine im Kalender für dieses Datum, jeder Tag ist einzigartig, auch wenn in einer Woche jeder Tag dem anderen zu gleichen scheint. Selbst dann, wenn im Getriebe der Geschäftigkeit kaum mehr Zeit bleibt, einen Moment innezuhalten und für den neuen Tag dankbar zu sein. Manchen Menschen geben den guten Rat, nach dem Aufstehen nicht sofort in eine Tagesroutine zu verfallen! Es sei wichtig, sich über das, was nun kommt oder kommen mag, einen Augenblick nachzudenken. Jeder Tag ist anders und jeder hat seine eigenen Herausforderungen. Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, kurz zu notieren, was ich heute alles erreichen möchte; dazu gehört natürlich nicht nur die Arbeit, auch Freizeitaktivitäten sollen ihren Platz bekommen. Solche Notizen sind auch der Grund dafür, weshalb auch heute noch viele Menschen ein Tagebuch führen; so können am Abend beim Schreiben alle Erlebnisse des Tages noch einmal durchdenken.
Viele Menschen haben sich Gedanken darüber gemacht, wie ein Tag verbracht werden kann. Arthur Schopenhauer beispielsweise gab den Rat, den Morgen nicht zu verschlafen. Der Morgen gleiche den Jugendjahren unseres Lebens; erfrischt vom Schlaf seien wir in den ersten Stunden des Tages am ehesten in der Lage, etwas zu erreichen. In seinen Aphorismen zur Lebensweisheit riet er ferner, die Zeit nicht zu vergeuden, da sie das einzige Gut sei, das wir nicht vermehren können! Seneca hätte ihm dabei sicher beigepflichtet, der berühmte Spruch «Wir haben nicht zu wenig Zeit, wir vergeuden zu viel!» stammt vom berühmten Römer.
Aber, und dies erscheint mir wichtig, auch entspannen, verweilen und sich Zeit zur Betrachtung gönnen, heisst die Zeit nutzen. Also setzte ich mich auf einen Stein, blickte in Richtung Sonnenaufgang und freute mich über den geschenkten Tag, mit der vollen Überzeugung, dass dies genau so wichtig ist, wie die darauf folgende Arbeit….
«» Jeden Morgen um 6.30 Uhr lädt Roger Köppel ein zu seiner Sendung «Weltwoche-Daily», in der er seinen Zuhörern eine andere Sicht der Dinge präsentiert. Dem Chefredaktor der Weltwoche ist es dabei wichtig, trotz aller Kontroversen gut gelaunt zu bleiben und den Optimismus nicht zu verlieren. Heute Morgen wurde er von einer Zuschauerin gefragt, wie er es schafft, trotz der schwierigen Zeit und trotz aller Probleme die gute Laune nicht zu verlieren.
Die Antwort des bekannten Publizisten und Politikers war umfangreich und tiefgründig. Roger Köppel nahm seine Zuschauer mit auf einen philosophischen Exkurs zu diesem wichtigen Thema. Gute Laune sei niemandem in die Wiege gelegt, argumentierte Köppel, schreiend und weinend komme der Mensch auf die Welt; gute Laune müsse gelernt und trainiert werden. Selbstverständlich sei dies nicht einfach! Die gute Laune stehe in jedem Moment des Lebens auf dem Prüfstand, müsse sich läutern und bewähren!
Schlechte Laune bezeichnet Roger Köppel als eine Unart, eine Frechheit allen Mitmenschen gegenüber. Andern mit schlechter Laune den Tag verderben? Das gehe gar nicht, sagt Köppel; schlechte Laune sei unanständig, sie sei wie eine ungepflegte Erscheinung, wie übler Mundgeruch! Aber haben wir den Grund, gut gelaunt zu sein? Diese Frage beantwortet der bürgerliche Publizist mit einem klaren Ja! Wir dürfen uns glücklich schätzen, dass wir der Schweiz, in einer seit Jahrhunderten gut funktionerenden Demokratie leben dürfen. Dies sei nicht selbstverständlich, wenn man auf all die Fehler und Schwächen der Menschen blicke. Köppel findet es so wichtig, gut gelaunt durchs Leben zu gehen, dass er diese Tugend zum elften Gebot erhebt: Du sollst gut gelaunt sein!
Roger Köppels Aufruf zu guter Laune kommt im richtigen Moment, es ist ein kraftvolles «Trotzdem» zu diesen Tagen, über denen ein Schatten liegt, eine Haltung der Zuversicht in einer Zeit, die einiges von ihrer Leichtigkeit verloren hat! Köppel ruft damit auch auf, jeden Tag mit einer entschlossenen Bejahung zu begrüssen. Denn, so Köppel, das Leben sei nicht eine Selbstverständlichkeit, es sei ein Geschenk, für das wir jeden Tag dankbar sein sollten.