Nun hat er und also wieder, der Herbstnebel. Hier im äusseren Wasseramt kann er in den späten Herbstmonaten so dicht werden, dass das Gebäude auf der gegenüberliegenden Strasseseite nur noch schemenhaft zu erkennen ist. Und im November vermag die Sonne die immer dichter werdende Nebeldecke kaum mehr aufzulösen. Es ist die graue Jahreszeit, in der die Sonne oft während Wochen nicht zu sehen ist. Ein Erlebnis ist in diesen Tagen ein Ausflug auf die Juraberge. Auf dem Weissenstein kommt der sonnenhungrige auf seine Kosten und blickt über ein weites, weisses Nebelmeer.
Telefonieren mit Asterisk (I)
«…Was soll ich machen? Eine virtuelle PBX? Was um alles in der Welt ist das!?» Ich gebe es freimütig zu, ich hatte den Begriff «PBX» wirklich nie zuvor gehört. Dass hängt damit zusammen, dass ich bisher mit Telefonie so gut wie nichts zu tun hatte und mich für Telefone bis vor einigen Wochen auch kaum interessierte. Telefone waren für mich eher etwas langweiliges.
Also, PBX ist die Abkürzung für «Private Branch Exchange» und kann am einfachsten mit «Telefonanlage» übersetzt werden. Klingt ganz einfach, oder? Ist es aber nicht! Denn damit begeben wir uns in ein Fachgebiet, das eine unstillbare Neigung zur Unübersichtlichkeit und Komplexität hat. Das hängt damit zusammen, dass vieles neu und die Dokumentation dementsprechend spärlich ist.
Durch die zunehmende Rechenleistung und erhöhte Bandbreite in den weltumspannenden Netzen haben sich in den vergangenen Jahren verschiedene Technologien entwickelt, die das Telefonieren auf IP-Basis ermöglichen. Als Trägermedium dient also nicht mehr ein herkömmliche Telefonleitung sondern ein Computernetzwerk. Digitale Telefonzentralen ermöglichen es, eine firmen- oder hausinterne Telefonanlage aufzubauen, die weniger als herkömmliche Zentralen kostet, dafür aber in bezug auf Funktionsumfang und Flexibilität einiges mehr bietet.
Wer sich mit digitaler Telefonie beschäftigt, wird rasch mit einer Unmenge an Fachbegriffen konfrontiert: VoIP, SIP, IAX, DTMF, H232, OpenSER, Voicemail, etc. etc. Um mir ein Bild der der Sache machen zu können, habe ich mich zuerst durch die Online-Dokus der verschiedenen Websites durchgelesen, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Etwas frustriert stellte ich dann fest, dass es nicht ganz simpel ist, sich einen Überblick zu verschaffen und etwas Ordnung in das umfangreiche Angebot zu bringen. Ein guter Einstiegspunkt ist nach meiner bisherigen Erfahrung voip-info.org. Die Wiki-Seite ist zwar stellenweise ziemlich chaotisch, aber sie enthält einen Bereich für Einsteiger, der die verschiedenen Möglichkeiten, Techniken und Produkte vorstellt.
Asterisk, der Alleskönner
Eher früher als spät taucht der Begriff «Asterisk» auf, eine von Digium entwickelte Software-Telefonanlage, von der eine kommerzielle, aber auch eine freie, GPL-lizensierte Version gibt. Asterisk läuft auf den verschiedensten UNIX-Varianten, benötigt – je nach Verwendungszweck – keine zusätzliche Telefoniehardware und stellt durch einen modularen Aufbau eine Myriade an Funktionen zur Verfügung. Dabei ist das System in bezug auf die Ressourcen dennoch genügsam, ein kleines System mit bis zu 10 SIP-Telefonen läuft auf einem Server mit einer 700Mhz Intel-CPU mit 256 MB RAM problemlos.
Aber was genau ist Asterisk? Die Software als Telefonanlage zu bezeichnen ist zwar nicht falsch, aber eine glatte Untertreibung, denn Asterisk kann wesentlich mehr! Ausserdem muss Asterisk entsprechend konfiguriert und mit einem an die Bedürfnisse angepassten Wählplan ergänzt werden, damit es als Telefonanlage verwendet werden kann. Es ist treffender, Asterisk als Baukasten zu bezeichnen, der die Bausteine liefert mit denen verschiedensten Aufgaben gelöst werden können.
Der Wählplan
Das Herzstück des Asterisk Server ist der Wählplan (Dialplan), mit dem festgelegt wird, wer wen anrufen darf und welche Telefone klingeln, wenn eine bestimmte Nummer gewählt wird. Im Wählplan wird ferner festgelegt, wie das System reagiert, wenn ein Teilnehmer nicht abnimmt, besetzt ist oder selbst eine Umleitung definiert hat. Und endlich legt der Wählplan fest, welche externen Anschlüsse von welchen Teilnehmern benutzt werden dürfen und wie diese externen Anschlüsse basierend auf der gewählten Nummer selektiert werden. Und dies sind nur einige Standardfunktionen des Wählplans, er kann noch einiges mehr. Und das erfreuliche an der Sache: Die verschiedenen Kommandos des Wählplanes sind sehr gut dokumentiert und es gibt im Internet viele praxisnahe Beispiele.
Der Wählplan kann mit der Makrosprache einer Office-Anwendung verglichen werden. Dort gibt es Kommandos, die Anwendungsfunktionen wie «sortieren», «exportieren» oder «formatieren». Auch die Kommandos des Asterisk Wählplanes operieren auf einem entsprechend hohen Level. Eines der wichtigsten Kommandos ist «Dial». Dial() erwartet als Argument nebst verschiedenen Optionen eine Telefonnummer die in der Folge angerufen wird. Nimmt der Besitzer des angerufenen Telefones ab, kommt eine Verbindung zustande und Dial() bleibt solange aktiv, bis einer der Teilnehmer den Hörer auflegt oder die Verbindung anderweitig unterbrochen wird. Anschliessend wird das nächste Kommando im Wählplan ausgeführt, in einfacheren Beispielen ist dies meist «Hangup».
Anständige Makrosprachen ermöglichen auch Konstrollstrukturen, also das Verzweigen innerhalb des Makros, sobald gewisse Bedingungen erfüllt sind. Beim Wählplan ist dies nicht anders. Beispielsweise kann entsprechend reagiert werden, wenn eine externe Leitung vorübergehend nicht verfügbar ist oder wenn ein Teilnehmer seinen Appart auf «DND» (Do not disturb) gestellt hat. Im Wählplan können ausserdem externe ähnlich der CGI-Spezifikation Scripts aufgerufen werden, eine Gruppe von Anweisungen lässt sich in einem Makro zusammenfassen und beliebige Werte können für eine spätere Verwendung in einer Datenbank gespeichert werden.
Beispiele
Um das ganze zu veranschaulichen folgen nun einige praxisbezogene Beispiele, was mit Asterisk ohne grossen Aufwand realisiert werden kann:
Aufwerten des privaten Telefonanschlusses durch Voicemail, Ansagetext und Anrufumleitung. Die Einstellungen können je nach Tageszeit ändern, so dass in der Nacht garantiert Ruhe herrscht. Einzelne Nummern oder auch ganze Nummernbereiche können gesperrt werden und eine Auswertung gibt Auskunft über alle ein- und ausgehenden Anrufe.
Teilen eines privaten Telefonanschlusses durch das Anschliessen mehrerer Telefone an einen Asterisk Server. Damit können intern kostenlos Gespräche geführt werden und wer eine externe Nummer wählt, wird automatisch weiterverbunden. Selbstverständlich können wiederum alle Funktionen aus dem ersten Beispiel genutzt werden.
Flexible und preiswerte KMU Telefonzentrale. Mit einem Asterisk Server wird das interne Firmennetz für die Telefongespräche genutzt. Alle angestellten erhalten eine Nummer für die interne Kommunikation. Wer externe Anrufe entgegennehmen können muss, bekommt zusätzlich eine externe Nummer, die global erreichbar ist. Für die verschiedenen Abteilungen der Firma können Gruppennummern definiert werden. Wer häufig im Aussendienst arbeitet, kann Gespräche per Knopfdruck auf ein Mobiltelefon umleiten oder ad hoc einen Ansagetext hinterlassen. Ausserhalb der Bürozeiten erhalten Anrufer eine entsprechende Meldung und können ihr Anliegen dem Voicemail-Dienst anvertrauen. Es können Konferenzgespräche geführt und direkte Verbindungen mit Partnerfirmen erstellt werden. Mit entsprechender Ausstattung sind auch Videokonferenzen möglich.
– Fortsetzung folgt –
Ds Liecht vom Aabestärn
Hesch ne o gseh, wo bim vernachte gäg em Himel zue gluegt hesch? Häll u schön lüchtet dert dr Aabestärn, wenn d’Finsternis wott cho. E guete Stärn steit am Himmel, wott üs Liecht u Wermi bringe, wenn die Tage chürzer u chelter wärde. Der Abestärn funklet am Himmel u gli überchunt är Gesllschaft, am Himmelszält lüchtet z’Stärnemeer und der Mond ströit Silber i all die Pracht.
E guete Stärn glitzeret am Himmel, i ha ne gseh hüt z’nacht. U ha bi mir sälber dänkt, chönt i doch o grad e Stärn si. Wenn i sälber e Stärn wär, de chönt o i dert a der wite Himmelsfeschti stah, ame Ort wo-n-es nume Fride u Stilli git. U chönt nid nume stuune ob däm grosse Wunder, chönt sälber es Liechtli si.
Alphornprobe auf der Schonegg
Schon werden die Tage wieder kürzer, der Herbst steht vor der Tür und die ersten Nebelschwaden am Morgen künden das baldige Ende des Sommers an. Doch noch ist es bis in die frühen Abendstunden hell und wir nutzen die Tage um noch einige Proben im Freien absolvieren zu können. Heute waren wir ausnahmsweise nicht auf der Steiweid sondern auf der Schonegg beim Hof der Familie Bürki. Auf einer Anhöhe über dem schönen Bauerngut genossen wir die weite Aussicht und die heimelige Abendstimmung auf der Schonegg, einer Emmentaler Landschaft, wie man sie sich schöner kaum vorstellen kann. Dann spielten wir auf der «Guschtiweid» einige Alphornweisen, die weithin zu hören waren und an den umliegenden Hügeln verhallten.
Anschliessend waren wir beim der Fam. Bürki zu einem «Kafi» eingeladen, dazu gab es ein feines Stück Fleisch und Brot. Für die Gastfreundschaft und die grosszügige Bewirtung bedanken wir und herzlich.
Natürlich verliessen wir den Ort nicht, ohne noch ein kurzes Ständeli zu spielen. Dann – es dämmerte bereits – führte uns unser Weg wieder bergab nach Sumiswald.
Schwarzfäder, Fäldspringer u Boumjeger
Die Welt als Wille und Vorstellung
Eigentlich wollte ich dieses Buch schon vor Jahren lesen. Ich begegnete damals dem berühmten Philosophen aus dem 19. jahrhundert, als ich in den Ferien ein Buch mit dem Titel «Der lachende Schopenhauer» fand. Es lag direkt beim Eingang einer Buchhandlung in der Altstadt von Graz. Bei der Lektüre stellte sich bald heraus, dass Schopenhauer nicht zu verstehen ist, wenn nur einzelne Auszüge seines Werkes gelesen werden. Auch der Autor, Ralph Wiener, schreibt im Vorwort seiner «Blütenlese», dass sein Buch eine Einladung sei, sich mit dem Hauptwerk des Philosophen tiefgehender auseinanderzusetzen. Und Schopenhauer selbst hat verlangt, dass, wer ihn verstehen will, jede Zeile seines Opus zu lesen habe. Er sei schliesslich kein Vielschreiber, so wie der «Unsinnschmierer» Hegel!
Das Hauptwerk, «Die Welt als Wille und Vorstellung» ist nun aber kein Werk, dass man während den Ferien am Strand oder im Zug zur Arbeit lesen kann. Es fordert dem Leser einiges mehr ab! Trotzdem kann es jeder verstehen, der sich ausgiebig damit beschäftigt. Denn Schopenhauer war ein grosser Meister in der Kunst, auch die komplexesten Zusammenhänge und Gedankengänge in einer verständlichen Sprache zu formulieren. Seine Schriften sind auch deswegen von unerreichter Genialität und haben Massstäbe gesetzt, die bis heute Geltung besitzen. Selbst Nietzsche war von Schopenbhauers Hauptwerk begeistert.
Wer nun aber das Buch aufschlägt und das Vorwort liest, bekommt als erstes vom Philosophen Bedingungen auferlegt. Was nun folge, sein nur zu verstehen, wenn der Leser erstens Kant’s Hauptschrift und zweitens «Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde» studiert habe. Ferner habe das Buch einen organischen Aufbau, so seien Gegenstände des ersten Kapitels erst nach der Lektüre des vierten Kapitels zu verstehen. Damit folgt also die letzte Forderung, dass das Buch zweimal gelesen werden muss! Wer nun einwendet, dass dies reichlich viel verlangt sei, dem hat Schopenhauer einen Rat: Er könnte das Buch um sich schadlos zu halten ja auch als Zierde des Büchergestelles verwenden oder es auf den Teetisch legen, wenn die Freundin zu Besuch kommt.
Aber worum geht es in dem Buch? Schopenhauer entwickelt darin einen Gedanken, der neu war: Schopenhauer postulierte, dass die umgebende Welt sich uns nur durch unsere Sinnesorgane erschliesst, das wahre Wesen der Dinge bleibt uns verborgen: «Die Welt ist meine Vorstellung». Die treibende Kraft hinter jeder Erscheinung ist ein universaler Wille, der frei von Ursache und Wirkung die Welt in Bewegung hält.
Noch etwas: Schopenhauer hat einen editorischen Willen hinterlassen. In Form eines Bannfluches verlangt er, dass bei einer Neuauflage seines Werkes nicht ein Jota seiner Schriften verändert werden darf. Nur der Haffmans Verlag ist in neuerer Zeit dieser Anweisung des Verfassers gefolgt und hat sich in seiner Gesamtausgabe aus dem Jahre 1988 genau an die Ausgabe letzter Hand von Julius Frauenstädt gehalten. Ich konnte dies selbst nachprüfen, da ich eine Frauenstädt-Ausgabe aus dem Jahre 1877 und die Haffmans-Edition von 1988 besitze.
Der letscht Alphornruef
«I ma das donners Züg nümm!» Mit dene Wort het Hannes sini Charte us der Hand gleit, isch uufgstange, het no mutz es «Guet Nacht!» hintedrii bängglet und isch denn zur Tüür us. Die andere Manne vo der Jassrundi hei ihm ganz verdutzt nachegluegt, bis är hinter der Tüüre vo der Wirtsstube isch verschwunde gsi. Druuf hei si afa ratiburgere, was äch jetz dä Hannes so schnäll däwä toube gmacht het. Ja gwüss, es het Diskussione gäh, wäge de Spilregle, das Wiise isch halt nid immer eifach u schnäll git es Frage, wo niemer am Tisch mit Sicherheit cha beantworte. U wo Res em Hannes widersproche het, het dä grade eso der Bäggu häregschosse. Item, so het me halt die Charte la Charte si und sich öppis anderm zuegwändet.
Unterdesse isch Hannes dür d’Nacht sim Heimet zue und het derbi vor sich häre brummlet. Sis Huus isch e gueti Halbstund Fuesswäg oberhalb em Dorf gläge. Hannes hebt d’Händ i d’Hoseseck u marschiert los, sis Gmüet het sich no nid beruhigt. E Stei am Wägrand chunt das z’gspüre über, Hannes git ihm e chreftige Tritt und der Chemp flügt mit eme wiite Boge dervo, rollt druf i Saagibach und landet dert mit eme Platsch im dunkle Bachbett. «Was het jetz dä mir dri z’rede? Weiss i de jetz nümm wie gwiiset wird, he? Jasse i de nid länger als dä Res?» So si i Hannes Chopf die Gedanke hin und här, ohni dass är gmerkt het, wie schnäll är ds Bord uuf isch cho und glii druf scho d’Tüüre vo sim eifache Hüüsli ufgmacht het. Hannes geit ine und mir chöi nid behoupte, dass är die alti Fichtetüre zärtlich zuegmacht hätt. Druf isch es wider still worde uf der Egg. Nume e Bärgbach, wo in der Nächi gsi isch, het heimelig plätscheret, vo Zyt zu Zyt isch es Chüzli z’ghöre gsi und vom Dorf här isch liis u verschwumme der Stundeschlag vo de Chileglogge z’ghöre gsi. E stilli, fridlichi Herbschtnacht isch es gsi.
Im Wirtshuus isch unterdesse no immer brattiget worde. Näbe Res si o Chlous, e eltere Buur und der Peter ghocket, der jung Chäser, wo erscht vor wenige Jahr d’Chäsi im Dorf übernoh het. Wo-n-är fragt, ob dä Hannes immer so mugglig sig, chunt är vo Chlous Bscheid über. «Nenei, dä Hannes isch albigs gar e uufgstellte, fröhliche Kärli, gsi. E glückliche Ma, het e liebi Frou und zwöi Chind gha. Und am Abe, wenn är mit wärche fertig worde isch, het är gärn sis Alphorn füregnoh. Druf hei die schönschte Alphornweise über d’Breitenegg abe gäg em Dorf zue tönt, so dass es e wahri Fröid gsi isch. Ja weisch, Hannes het drum ds Horne scho als Bueb glehrt», het der Buur witer z’brichte gwüsst. U tatsächlich, wenn Hannes dernoh gsi isch, het är no immer sis Hirtehorn füregnoh u vor sim Huus mängs schöns Cheerli gspilt. Aber nume no für sich sälber. E jedi Bitt, doch bi disem oder eim Feschtli mitzmache, het är churz puckt uusgschlage. Früecher isch das no anders gsi. Hannes isch gärn bi de Lüt gsi und isch o sälber wäg sim gsellige Wäse zäntume gärn gseh worde.
Das het jetz o Rese afa interessiere. O är isch Buur u bewirtschaftet scho mängs Jahr es schöns Heimet am Dorfrand. O är kennt Hannes no nid lang, isch ob Chlouses Bricht gwundrig worde u het welle wüsse, wie sich denn das zuetreit het, dass dä Hannes eso worde isch und so ganz elei läbt. «Ja, das erzelle i öich gärn», antwortet druuf Chlous, «i ha ja dä Hannes scho als Bueb kennt!» Und denn hett der alt Buur afa brichte:
Hannes isch hie im Dorf uf d’Wält cho, si Vater het gschrineret, isch aber kere eigete Wärchstatt vorgstande, er het im Nachbardorf e Astellig gha. Der chli Hannes isch gar e ufgweckte Bürschtel gsi, wenn är nid deheim i Huus u Garte het müesse hälfe, isch är mit de andere Buebe us em Dorf looszoge! Nüt als Flouse hei die Schlingel dennzumal im Chopf gha. Einisch, es isch e schöne Summertag gsi, hei si am Morge wie immer unter der Wuche Schuel gha – e längwiligi Sach, wenn me so Stund für Stund muess d’Bei stillha und em Schuelmeister ablose. Wo-n-es äntlich isch Mittag worde, hei si abgmacht, dass am Namittag im Wald gröiberlet wird. U genau so hei es die Buebe du o gmacht. Dass es zum räubere zerscht e tolli Räuberhütte bruucht, das versteit sich vo sälber u so hei die Buebe afa Escht vo de Bäum schnide, Stämm zämesueche und hei afa boue. E stattlichi Hütte isch es worde. U was jetz? Es Füür! Schliesslich chöme Röiber o einisch Hunger über und i der Nacht chönt es de no chalt wärde. Eine vo de Buebe hett sogar Zündhölzer derbi gha und so isch e Fürstell igrichtet und Brönnholz gsammlet worde. Aber ohä, wil das Holz nid trochne isch gsi, het es meh e Mutthufe als es Füür gäh und der Förster, wo ganz i der Nechi gwärchet het, het dä Rouch gseh! Wo-n-är druf zu der Räuberhütte mit der Fürstell chunt, setzt es es Donnerwätter ab! «Sid dir no bi Troscht, es Füür z’mache, wo-n-es doch so sit Wuche nid rächt grägnet het! U de no ga Escht ab de Bäum schnide – Buebe, heit Dir nid gwüsst, dass das verbote isch?»
Das het druf e Strafarbeit abgsetzt für die jungi Bandi: Im Dorf het es e alte Schopf gha, wo het müesse abgrisse wärde. Drinn het es vom letschte Bsitzer e Huufe Grümpel gha und es isch entschide worde, dass die Malifikante bim Ruume vo däm Schopf müesse mithälfe. Aber was als Strafarbeit dänkt gsi isch, het sich gli druf als Abentür usegstellt, wo no vil spannender gsi isch als die Sach im Wald. Het es doch i däm Ghütt unter em verstoubte Grümpel e Huufe Sache z’entdecke gäh. So isch zum Bispil e alte Sekretär uuftoucht. U dir wärdit’s nid gloube! I all dene chliine Schublade, het es allerlei Gschrifte gha, alti Briefmärggli und sogar alti Fädrehalter! Alles isch sorgfältig erläse worde und untersuecht, was es ächt uf em Schuelplatz für-n-e Tuuschwärt het. Und denn het Hannes bim uuserume plötzlich under de Räschte vo-m-e alte Ladewage es längs Stück Holz gfunde, wo am eim Ändi e Chrumb gha het. Was isch jetz das? Gwundrig hei Hannes u siner Kamerade das Fundstück, wo us zwöi Rohr bestande isch, us em Egge fürezoge und a ds’Tagesliecht bracht. Und was isch es? Es alts Alphorn! Jetz het de Buebe der Weize blüeiht! «Juhui, es Alphorn! Cha me ächt das no schpile?» Notdürftig isch das alte Instrumänt abgstoubet worde und denn untersuecht, ob es ächt no Tön vo sich git. Aber das isch eifacher gseit als gmacht. Zerscht het es Fritz probiert, aber es isch nume es armseligs Gigse u chratze us em Schallbächer cho, so dass Fritzes Gspane ihri hälli Fröid hei gha dranne. Druf isch der Simon a d’Reihe cho, aber o ihm isch das Meisterstück abverheit und wider het alles müesse lache. So isch das witergange und am Schluss isch o Hannes a d’Reihe cho. Zerscht het o ihm das Horn der Dienscht verweigeret und nume es paar verschnuufeti Sagigrüsch vo sich gäh. Aber plötzlich isch doch so öppis wie-n-e Ton usecho und het la ahne, wie schön das Instrumänt cha töne.
Gli druuf isch ds Interässe a däm Alphorn schwecher worde, öpe so wie d’Ufmerksamkeit i der Schuel, wenn es am Mittag zue geit… U derzue het es ja no Arbeit gäh z’erledige. Usegrumt wärde het die Schür müesse, Alphorn hin, Sekretär u Schribruschtig här.
Wo-n-es Abe worde und die Schüür isch läärgrumt gsi, het Hannes das Alphorn no einisch gründlich inspiziert – es het ihn fasziniert! Obwohl es mängs Jahr desumegläge isch, isch es doch no spilbar gsi und wo Hannes das alte Holz abwäscht, chunt uf em Schallbächer sogar no e Malerei mit Alpeblueme füre. Isch es ächt erloubt das mitznäh, wott druf Hannes vom Förster wüsse. «Wohl darfsch du das ha», meint dä, «es würd ja süsch nume no als Brönnholz diene.» So het Hannes das urchige Rohr heitreit, pflegt und flisig güebt. Und es isch chum es Jahr vergange, si vom Waldrand schöni Alphorntön z’ghöre gsi. Wo Hannes us der Schuel cho isch, het är sich ere Alphorngruppe agschlosse und isch sogar a de Jodlerfescht ufträtte.
«U dir hättet dä Hannes sölle gseh, wenn är losmarschiert isch im wisse Hemmli und em schwarze Sametmutz – e hübschere Burscht hett es zäntume nid gäh!» So isch Chlous i sim Bricht witergfahre und d’Zuhörer hei gmerkt, wie läbhaft Chlous sich erinneret het. Es isch gsi, als wär die Zyt grad wider gägewärtig und Chlouses Ouge hei glüchtet. He ja, o är isch einisch jung gsi, o är erinneret sich gärn a die Zyt, wo zwar hert, aber vellicht grad wäge däm so schön gsi isch.
Jetz isch Hannes scho us der Lehr use, het e Astellig als Dachdecker u verdient sis erschte Gäld. Und wie es bi junge Lüt chum anders cha gah, isch o bi Hannes die erschti Liebi erwachet. Mit de andere junge Dörfler isch är am Samschtig ga runde, het bi mängem hübsche Meitschi um es Kafi bättlet und het sälte es Nei übercho. Aber Hannes isch trotz sim fröhliche Wäse chli schüch gsi und wo-n-är d’Annalies het lehre kenne, isch es bim runde blibe, ga fänschterle het Hannes sich no nid getrout. Annalies het wie Hannes es heiters Gmüet gha, isch aber stiller gsi, het e fiini u sinnerichi Art gha. Isch es ächt grad das gsi, wo die zwöi so zunenand zoge het? Uf all Fäll isch zwüsche Annalies u Hannes d’Liebi gwachse, grade eso wie-n-es Blüemli unter der Früehligssunne. Hannes het immer e Grund gfunde, bi Annalies Vater öppis z’verrichte und Annalies het der Muetter alli Bsorgige abgnoh, wo im Dorf hei müesse gmacht wärde. Der Wäg derthi het drum a Hannes Elterehus verbi gfüehrt.
Wie gärn hätt Hannes sire Annelis es Liebesgeständnis gmacht. Aber wie mache? Es hett chum einisch e Momänt gäh, wo die zwöi elei si gsi und wenn es de doch einisch e Glägeheit het gäh, de het Hannes der Muet verlah und är het vo öppis anderem afa brichte. Aber denn hett Hannes e Plan gha! Är het sis Horn scho e Chehr nümm deheim gspilt, isch halt verliebt gsi u hett lieber es stills Plätzli gsuecht, wo-n-är het chönne elei si zum ungstört a si liebi Annalies dänke. Ob der Egg am Waldrand isch es schöns Plätzli gsi, es hett sogar es Bänkli gha und em Betrachter het sich es wits Fäld uuftah, är hett wit über ds Dorf use gäg de Alpe zue gseh. Dert isch Hannes a eim schöne Abe ghöcklet und het glost, i de Böim hei drum d’Amsle grad so schön gliedet und vom Bärg här het e milde Luft blaset, so das es i de Böim fiin gruuschet het. U denn hett Hannes si Idee gha!
Am folgende Abe het öpper fiin a ds’Gadefäischter töpperlet un wo Annalies wott ga luege wär da isch, isch niene öpper z’gseh gsi. Aber uf em Fäischtersims het si es Briefli gfunde. Adrässe isch e keni druffe gstande, aber öpper het ganz sorgfältig und mit exakte Buechstabe «A-n-n-a-l-i-e-s» uf das Couvert gschribe. Es mit rotem Farbstift zeichnets Härzli het der Namenszug no verziert. Das mues vom Hannes si, dänkt Annalies und macht ganz uufgreft das Briefli uf. Füre chunt e Brief mit de folgende Zyle:
Liebe Annalies, Was ich für Dich empfinde und wie gern ich Dich habe, vermag ich nicht in Worte zu fassen. Die Töne, die Du jetzt hörst, sollen meine Liebeserklärung an Dich sein, wollen Dir sagen, dass ich immer bei Dir sein möchte. Hannes
Und wo Annalies das Briefli no i de Händ hett und list, ertöne vom Bärg här die erschte Alphorntön. So innig und schön, wie se gwüss no nie öpper ghört het. Zerscht langsam un fiin, voller Sehnsucht und grosser Higab, denn fröhlich und heiter, wie e springende, glitzernde Bärgbach nach der Schneeschmelzi. Denn wider ganz liis und melancholisch, so zart, dass die Tön chum meh z’ghöre si gsi, so fiin, dass eim tüecht het, si sige ganz verwobe mit der Luft vom warme Summerabe.
Es isch Herbst worde und Winter. Und wo der Früehlig wider i ds’Land cho isch, hei die zwöi ghüratet. Gli druf isch ds erschte Chind cho u wenigi Jahr speter hei Annalies und Hannes ob em Dorf es chlis Hüsli chöne erwärbe. Dert hei si sich uf es längs, glücklichs Familieläbe igrichtet.
Bi däm Teil vo der Erzellig het sich Chlouses Blick afa verfischtere. Är het e Pouse gmacht, si Pfife wider azündet und gwartet, grad so als ob das, was jetz chunt, nid agnähm isch zum brichte. «Ja, das isch der schön Teil vo Hannes Gschicht», fahrt der Buur jetz witer. «Was jetz chunt, isch nümm gfröit, ds Schicksal het Hannes es paar Jahr speter hert troffe.»
Es isch e verrägnete Spätherbschttag gsi, wo das Unglück passiert isch. Annelis isch mit em jüngschte wo glich gheisse het wie d’Mueter deheim gsi. Hannes het bis i Abe ine gwärchet und die elteri Tochter, d’Johanna, isch i ds’Dorf zum Musigunterricht. Sit Tage scho het es grägnet und der Bode isch ob all däm Wasser scho ganz ufgweicht gsi u het a telne Stelle am Hang scho afa rütsche. Dass aber e grosse Teil vom Hang ob em Dorf der Halt verlürt und i-m-e böse Ärdrutsch mündet, wo vier Hüser mit sich risst, mit däm het niemer grächnet! Unter de Hüser wo vo de Schlammmasse verschüttet worde si, isch o ds’Heimet vom Hannes gsi. Für Mueter u Tochter isch jedi Hilf z’spät cho, sie hei am zwöite Tag nume no tod us de Trümmer chönne borge wärde. Hannes het sich fasch hintersinnet, d’Schuldgfühl, dass är zur Unglücksstund nid deheim gsi isch, hei ihn nie meh verlah. Är isch chum z’tröschte gsi und het mängi Wuche nid möge schaffe. Es wird erzellt, är sig mänge Abe bi däm Plätzli am Waldrand gseh worde, wo är scho als Bueb gärn gsi isch. Dert isch är ghocket, het i d’Witi gluegt, het nid chönne verstah, was passiert isch.
Der Johanna aber isch Hannes e Vater gsi, wie sich es Chind e Vater nume cha wünsche. Voller Liebi u Güeti het är immer Zyt gha und wenn der Johanna öppis gfählt het, isch Hannes immer da gsi zum hälfe oder zum tröschte. D’Johanna het vil vo ihrer Muetter gerbt gha, si het Hannes a si liebi Annalies erinneret, wie mängisch het är ihre das gseit.
So si d’Jahr vergange und wo d’Johanna ghüratet het und furtzoge isch vo deheim, het o Hannes ds’Huus verlah und sich die Hütte kouft, wo mir scho drüber brichtet hei. Aber eigentlich isch das es wüeschts Wort für das chline, bescheidene Awäse, denn Hannes het das Hüsli pflegt u putzt, schöner nützti nüt. Und mänge Abe isch är elei vor sim Heimet ghocket, het em Tal zue gluegt und gsinnet. Är het elei welle blibe, isch de Lüt us em Dorf meh und meh us em Wäg. U dür das vile Eleisi isch är halt o mit de Jahre chli eigesinnig worde. So het Chlous si Bricht gschlosse.
Wider si es paar Jahr i ds Land gange u wo sich einisch Hannes es paar Tag im Dorf nid het la blicke, het das doch für Gsprächsstoff gsorgt. Gli druf isch uscho, dass Hannes chrank isch und es paar Wuche speter het der Dokter entschide, dass der alt Dachdecker i Spittel mues. Eigentlich wär Hannes nid schwär chrank gsi, d’Ärzt hei ihm Muet gmacht und Bscheid gäh, dass är gli wider chönt gsund si. Aber Hannes het nümm möge akämpfe gäge siner Beschwärde, het sich fridlich i Tod ergäh und isch im folgende Spätwinter gstorbe.
I der Wuche druf isch Hannes im Dorf beärdiget worde. Wo die ganzi Trurgmeind bim Grab gstande und de Wort vom Pfarrer glost hei, isch es plötzlich still worde und alles het em Bärg zue gluegt. Vo dert isch uf einisch e Alphornruef z’ghöre gsi, ganz wehmüetig und klagend het es vo der Egg über ds Dorf ine tönt. Denn aber si die Kläng chürzer und häller worde, wie es heiters Ständeli im Walzertakt het es plötzlich tönt. Und denn, bevor der letscht Ton z’vernäh isch gsi, het d’Melodie no einisch e Chehr gmacht u isch wider wehmüetig worde, voller Sehnsucht, wo aber doch o Hoffnig i sich treit. Denn isch es ganz still worde und der Alphornruef isch verhallt.
No i der gliche Stund si es paar Dörfler der Egg zue zum ga luege, wär ächt dert während der Grebd ghornet het. Gfunde hei si aber niemer, d’Mitglider vo der Alphorngruppe si ja am Grab gsi. Und alli Lüt wo gfragt worde si, hei versicheret, dass si der ganz Tag nie e Alphornbläser hei gseh.
Wie von Engelshand geschmückt
Ich brauche einen Freund, denn aus eigener Kraft kann ich mich nicht aufrichten. Einem Baum oder einer Mauer gilt mein Sehnen, etwas, woran ich mich aufrichten, dem Himmel entgegen wachsen kann. Und habe ich meinen Freund gefunden, so halte ich zu ihm, lasse erst von ihm ab, wenn ich welke. Ich bin ein Sinnbild der Treue.
Ich bin kein Schmarotzer, habe ich doch meine eigenen Wurzeln, ich bin ein Bewegungskünstler, kann jedes Hindernis überwinden, finde gar einen Weg durch das dichteste Unterholz; kann mich dicht am Boden halten, bevor ich meine Zweige und Blätter dem lichten Äther zuwende. Ich kann bis zu den Wipfeln der höchsten Bäume klettern, kann selbst werden wie der Stamm eines kräftigen Baumes. Aber doch sind meine jungen Blätter immer klein, und zart, geschmückt wie von Engelshand. Und dann richten meine Blätter sich auf über dem grünenden Dach des Waldes, blicken in die blaue Ferne und hören den Ruf der Vögel.
Bacchus hat mich so sehr geliebt, dass er mich auf seinem Haupte trug, in der Hand den Becher mit sprühendem Wein. Wer mich trägt, dem schenke ich Erkenntnis und Wahrheit. Wer mich trägt, hat einen wahren Freund, denn ich bleibe auch dann grün, wenn der Winter sein Reich aufrichtet. Ich bin wie die Treue.
Manchmal sind die allerschönsten Dinge verborgen im Unscheinbaren.
«Ich weiss, dass ich nichts weiss.»
Es ist ein schöner Sommermorgen und auf dem Marktplatz im Stadtzentrum von Athen herrscht ein reges Treiben. In der Nacht fiel etwas Regen und die Menschen geniessen die morgendliche Frische, bald wird die griechische Sonne ihren Zenith erreicht haben; die Bewohner der Polis werden dann in ihren Häusern oder an einem schattigen Platz Schutz vor der Hitze suchen. Aber noch ist es nicht soweit und wer sich auf dem Mark umsieht, findet Händler aus allen Ländern des Mittelmeerraumes, die mit kräftiger Stimme ihre Waren anpreisen: Gewürze und Stoffe aus Persien, Arzneien, Farben und wertvoller Schmuck aus Aegypten, Waren aller Art aus Gallien, Phhönizien und Rom. Laut bieten die Händler den Marktgängern ihre Waren an, es wird gefeilscht, diskutiert und mancherorts sogar gestritten. Es herrscht ein ziemlicher Lärm, so dass es schwierig ist, sich zu unterhalten. Wir schreiben das Jahr 401 vor Christus.
Mitten in diesem lauten Stimmengewirr treffen wir auf eine kleine Gruppe junger, vornehmer Athener, die sich um einen älteren, recht unansehnlichen Mann in einfacher, fast ärmlicher Kleidung geschart haben. Mit seinem weissen, schütteren Haar wirkt er bereits greisenhaft, sein Gesicht ist rundlich und bedeckt von einer grossen Knollnase, der Körper wirkt unförmig und untersetzt. Aber die Augen des alten Mannen sind klar wie die eines Jünglings und blicken lebhaft und aufmerksam in die Welt. Wer sind diese Leute und wovon handelt das Gespräch, das sie führen? Von einem Gemüsehändler, der unweit der Stadt ein Bauerngut hat, erfahren wir, das der alte Mann Sokrates heisst und so etwas wie ein Lehrer ist. Ein Naturphilosoph oder vielleicht auch ein Sophist der sein Wissen für Geld verkauft. So genau weiss der Marktfahrer dies auch nicht zu sagen, schliesslich kennt er diesen Sokrates nicht persönlich.
Wer war dieser Sokrates? Eine Antwort auf diese Frage gibt uns Olof Gigon in seinem Buch «Sokrates – Sein Bild in Dichtung und Geschichte». Mein Exemplar dieses hochinteressanten Werkes stammt aus dem Jahre 1947. Gigon versteht es wie kaum ein zweiter, spannend und leicht verständlich ein Bild des berühmten Philosophen zu zeichnen. Das Buch ist in vier Teile gegliedert, der erste Teil geht auf die Möglichkeiten ein, die wir haben, um der geschichtlichen Person des Sokrates näher zu kommen. Laut Gigon sind es verschwindend wenige. Denn fast alles, was wir heute von Sokrates wissen, erhalten wir aus den Schriften der Sokratiker. Aber keiner dieser Texte ist biographisch, es sind vielmehr dichterische Werke, die oft ein idealisiertes Bild des Sokrates zeichnen. So bleibt vieles um den grossen Athener rätselhaft. Das ganze erste Kapitel des Buches befasst sich mit dem Themenkomplex Dichtung und historische Authentizität. Am Ende des Kapitels stellt Gigon fest, dass wir aktenkundig nur wissen, wie der Vater des Sokrates hiess, dass Sokrates an einigen Feldzügen teilgenommen hat und dass er im Jahre 399 verurteilt und hingerichtet worden ist. Mit einem fast resignierenden Ton fährt der Professor fort: «Mehr wissen zu wollen, ist unfruchtbares Bemühen. Es muss ja zu nichts führen, wenn man aus Texten, die ausdrücklick nichts als Dichtung sein wollen, mit aller Gewalt historische Angaben herauspressen will.»
Dennoch: Aus der Analyse der vorhandenen Texte kann ein historisches Substrat herausgelöst werden, das wenigstens einige Anhaltspunkte gibt. Und so ist das Thema der folgenden Kapitel das überlieferte Schriftgut der Sokratiker, Platon, Xenophon, Antisthenes, Aischines, Aristippos, Euklides und Phaidon. Gigon erläutert die beiden Prozesse gegen Sokrates, von denen der zweite mit einem Todesurteil endete, die Berufung zur Philosophie, die Familie des Sokrates, sein Verhältnis zum Staat und das Daimonion. Mit einer erstaunlichen Gabe zur Textanalyse, gepaart mit Scharfsinn und einem umfassenden Wissen gelingt es Gigon, uns den sagenumwobenen Athener näherzubringen.
Danke an D. für das Buch.
Wasserlache auf dem Dach
Ob das gut ist müssen andere beurteilen, ich bin kein Fachmann.