Höret, höret…

…Ihr Leute aus Stand und Land und vernehmet, was Euch kundgetan. Dass es den hochlöblichen Räten zu B*** gefallen hat, der Krähenplage Herr zu werden. Schon viel zu lange haben diese Räuber und verruchten Vogelmörder ihr übermütiges Werk getrieben und es gewagt, die Bauern frech zu höhnen. In ihrer unersättlichen Gier fressen sie die Felder leer, töten unsere lieblichen Singvögel und vernichten sogar junge Lämmer, Schafe und Hasen. Ihr Leute, fasset es!

Vernehmet, dass dieses Treiben nicht länger in unseren Landen geduldet wird. Mit vorzüglicher Alchemie der hochgelahrten Doktoren werden die argen Wüteriche nun ausgetilgt! Und wir werden ganz unnachgiebig sein, bis die dreisten Rabenvögel auf ein für Mensch und Tier erquickliches Mass gestutzt sind. Zum Wohle aller.

— Zeitsprung —

Noch immer viele glauben daran, was in diesem mittelalterlich anmutenden Aufsatz steht. Und tatsächlich stammt der Glaube an die schädliche und nutzlose Rabenkrähe aus dem Mittelalter. Nichts davon ist wahr. Weitere Informationen zu den Rabenkrähen sind auf der Homepage der Vogelwarte Sempach zu finden: www.vogelwarte.ch

Eigener Blog

Ja, liebe Leute. Nun ist es doch noch passiert: Ich habe meinen eigenen Weblogger, kurz «Blog» genannt. Das sind Programme, mit denen man so nebenbei aufschreiben kann, was man gerade tut, im Internet kann es dann jeder lesen, sofern er will.

Mein Lied klingt bis in den Himmel

Der folgende Text erschien am 2. Februar 2005 in der MZ als Leserbrief:

Mein Federkleid ist ohne Farben, ganz schwarz ist es. Und meine Stimme tönt nicht wie die der Amsel oder Lerche. Nein, sie ist laut und rauh. Liegt es wirklich nur daran, dass Ihr Menschen mich nicht leiden könnt? Habt ihr denn nicht gesehen, wie meine Augen glänzen, wie ich schön und elegant bin, wenn ich meine Flügel ausbreite? Und wenn ich dann weit über den Baumwipfeln schwebe, dann klingt mein Lied dem Himmel entgegen. Es gefällt dem, der mich erschaffen hat. Frei und leicht ziehe ich meine Kreise und sehe auf die Welt herab. Ja, Ihr Menschen, das könnt ihr nicht.

Doch was habe ich euch zuleide getan, dass ihr mich jetzt vergiften wollt? Sind es wirklich nur die paar Samen auf dem Felde? Gewiss habe ich ein paar davon aufgepickt, aber es bleibt ja noch mehr als genug für euch übrig. Vergiften wollt ihr mich, auf dass ich einschlafe und in diesem kalten Winter erfrieren muss. Sterben soll ich, weil ihr meint, es gäbe zuviele von uns. Töten wollt ihr mich, damit ich nicht mehr singen und Freude am Leben haben kann.

Habe ich denn nicht dasselbe Recht auf mein Leben wie Ihr Menschen? Habt ihr vergessen, dass auch eine Krähe eine Seele hat? Doch vergesst eines nicht, ich bin klüger als mancher von euch und bemerke alles! Ja, ich will weiter leben und denen eine Freude machen, die mich noch gerne haben. Den anderen werde ich frech und laut verkünden: Seht, ich bin noch da!