KI-Textgeneratoren wie ChatGPT oder Bing Chat sind im Moment in aller Munde. Das muss nicht überraschen, die Textgeneratoren mit künstlicher Intelligenz versprechen viel und können einiges davon auch tatsächlich halten! Das Schreiben einer Geschäftsantwort anhand einiger Stichworte zum Beispiel. Oder das Dichten einer Lobeshymne auf Christoph Blocher. Oder das Verbessern eines verklausulierten und kaum lesbaren Textes aus einer Beamtenstube.
Birgt dies auch Gefahren? Aber sicher! Etwa dann, wenn man das Schreiben nur noch als Last sieht, von der man sich möglichst schnell und einfach entledigen will. Schreiben als notwendiges Übel, das von einem Roboter übernommen wird. Der macht den Job ja ganz gut, also warum nicht?
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, ich finde diese neuen Textgeneratoren grossartig. Sie können den Verfasser eines Textes in vierlei Weise unterstützen. Beim Formulieren von nicht ganz leicht verständlichen Zusammenhänge zum Beispiel. Oder beim Auffinden passender Begriffe. Aus der Stilkunde wissen wir ja, dass präzise und treffende Wörter den allgemeinen stets vorgezogen werden sollen! Ich sehe hier auch Parallelen zum Aufkommen der Taschenrechner in den 70er Jahren. Unsere Lehrer rieten uns damals, die Elektronenrechner zielgerichtet zu nutzen: Versucht, eine Rechenaufgabe zuerst im Kopf zu lösen; ihr könnt damit eure Fähigkeit zum Kopfrechnen verbessern. Im Alltag wird euch das immer wieder eine Hilfe sein! Dem Taschenrechner überlasst ihr das überprüfen, ob ein Ergebnis stimmt. Oder das Rechnen mit grossen Zahlen. Diese gute Lehrerregel funktioniert auch bei ChatGPT & Co.
Es gibt aber noch einen anderen Aspekt, der nicht vergessen werden darf. Nämlich dass Schreiben Kreativität ist. Ein Tagebuch führen, ein Gedicht schreiben, sich eine Kurzgeschichte ausdenken oder ein Theaterstück. Da wird schreiben zum kreativen Prozess. Ja mehr noch, es wird zum Abenteuer in einem sehr positiven Sinn. Denn wer eine Geschichte schreibt, lässt in seinem Kopf neue Welten entstehen. Welten, von denen er am Beginn meist selbst nicht weiss, wie sie enden. Zum Beginn führt der Verfassser den Stift. Schreitet die Erzähung dann fort, eröffnet die Phantasie neue Geschehnisse, Welten und Persönlichkeiten. Wir schreiben die Bilder nieder, die unsere Phantasie malt! Und nein, das müssen keine grossen Geschichten von Königen, Zauberern oder Bankdirektoren sein! Spannende Geschichten können überall und im ganz Unscheinbaren entstehen. Bei einem Gänseblümchen etwa, das sich entschliesst, in einer engen Spalte zwischen zwei Steinen zu wachsen.
Kurz: Erkunden Sie die Möglichkeiten der neuen Textgeneratoren, zumal diese schon in ein bis zwei Jahren so selbstverständlich sein werden wie eine simple Rechtschreibkorrektur in Microsoft Word. Aber: Gönnen Sie sich auch das selbstständige Schreiben, bei dem Sie von Ihrer eigenen Phantasie unterstützt werden, nicht von ChatGPT.